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# taz.de -- SOZIALLEISTUNGEN: Teilhabe mit Hindernissen
> Das "Bildungs- und Teilhabepaket" sollte vor allem Kinder und Familien
> besser stellen. Das gelingt nur sehr unzureichend, urteilt die
> Solidarische Hilfe
Bild: Kinder aus armen Familien werden beim Schulessen in Bremen offenbar mitun…
Die Sozialberatungsstelle Solidarische Hilfe (SH) hat die Umsetzung der
Hartz IV-Reform in Bremen kritisiert. Bei der Vorstellung ihres neuen
Leitfadens zum ALG II nannte SH-Geschäftsführerin Silke Lieder, die
Leistungen aus dem "Bildungs- und Teilhabepaket" der Bundesregierung
"insgesamt unzureichend, realitätsfern und unnötigen bürokratischen Hürden
unterworfen".
Auf 120 Seiten hat die Beratungsstelle die aktuelle Gesetzeslage nun
dargestellt. Der Leitfaden ist in allen Geschäftsstellen erhältlich. Bei
der Vorstellung ging die SH dabei auch auf Bremer Probleme ein. So sei das
Jobcenter bei Eltern Neugeborener dazu übergangen, das seit dem 1. Januar
voll auf die Sozialleistungen anzurechnende Elterngeld, sowie Kindergeld
und Unterhaltsvorschuss automatisch von den Sozialleistungen abzuziehen.
"So sollen die Empfänger gedrängt werden, die Anträge zu stellen," sagt
SH-Anwalt Fabian Rust. "Dadurch haben sie aber enorme Ausfälle, weil es
teils Monate dauert, bis die Familienkasse zu zahlen beginnt. Daran wird
auch festgehalten, wenn die Anträge gestellt wurden."
Das Jobcenter weist dies zurück: "Die Leute sollen die Anträge stellen.
Aber beim Elterngeld und beim Unterhaltsvorschuss leisten wir
Überbrückungszahlungen," sagte ein Jobcenter-Sprechern. Nur im Falle des
Kindergeldes werde dies nicht gewährt. "Das wird aber schon nach sehr
kurzer Zeit gezahlt."
Auch mit der Umsetzung des "Teilhabepaketes" der Bundesregierung sind die
Sozialberater nicht zufrieden. In dem Paket ist ein kostenloses Mittagessen
bis zur 4. Klasse und ein vergünstigtes Mittagessen für ältere SchülerInnen
enthalten. Einen Euro müssen die dafür bezahlen. Doch in manchen Schulen
sei dies mit Unannehmlichkeiten verbunden: "Teilweise müssen die Kinder an
der Essensausgabe die Blaue Karte vorzeigen," sagt Rust. "Das kommt einem
Outing gleich: Meine Eltern sind arm."
Im Sozialressort ist man irritiert: "Uns ist nicht bekannt, das Schulen das
so handhaben," sagte Ressortsprecher Bernd Schneider. Normalerweise gebe es
elektronische Zahlungssysteme, die für alle Kinder gleich seien. Sollte es
so sein, das Schüler die Blaue Karten vorzeigen müssten, wäre man nicht
glücklich mit dieser Praxis. "Die Sozialsenatorin würde einem
diskriminierungsfreien System den Vorrang geben." Das Bildungsressort
verweist auf eine "strikte Anweisung", dass Kinder die Blaue Karte "nur ein
einziges Mal im Sekretariat vorzeigen müssen", sagte Ressortsprecherin
Karla Götz. "Eben, um jede Stigmatisierung zu verhindern." Würden Schulen
sich nicht daran halten, sei dies ein Verstoß gegen die Anweisung.
Auch einen anderen Kritikpunkt weisen die Behörden zurück: Die Deckelung
der Kosten für Ausflüge in Kita und Hort. Auch die werden für Hartz
IV-Familien durch das Teilhabepaket übernommen. Doch während im
Bundesgesetz kein Obergrenze festgelegt ist, zahlt das Jobcenter laut
seiner Broschüre für Klassenfahrten nur bis zu 220 Euro im Jahr. "Das ist
ein willkürliche Kappung," sagt Rust.
"Dieser Richtwert gilt für alle SchülerInnen. Dieses Limit wurde
festgelegt, um hohe Belastungen der Eltern grundsätzlich zu vermeiden,"
heißt es im Sozialressort. Hartz IV-Familien bräuchten nicht zu fürchten,
auf Mehrkosten für teure Schulausflügen sitzen zu bleiben. Falls es Gründe
dafür gebe, dass angemessene Schulfahrten teurer ausfallen, würden auch
diese Kosten übernommen.
1 Sep 2011
## AUTOREN
Christian Jakob
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