# taz.de -- Vier Ideen um an Geld ranzukommen: Wir brauchen die Bartsteuer! | |
> Die meisten Deutschen können sich Steuererhöhungen vorstellen. Aber bitte | |
> so, dass es sie selbst nicht trifft. Welche Randgruppen könnten | |
> geschröpft werden? | |
Bild: Wer hip sein will, muss zahlen. Eigentlich logisch, oder? | |
Unser Land braucht Geld. Doch woher nehmen? Laut einer Studie der | |
Arbeiterwohlfahrt sind 77 Prozent der Deutschen dafür, dass Reiche höher | |
besteuert werden sollen. Genau genommen lautete die leicht ins Suggestive | |
tendierende Frage der Untersuchung: "Würden Sie eine Erhöhung der Steuern | |
für Besserverdienende befürworten oder ablehnen, wenn die zusätzlichen | |
Steuereinnahmen dafür genutzt werden, den Staat finanziell handlungsfähiger | |
zu machen?" Leicht, darauf mit "Ja" zu antworten, denn die meisten zählen | |
sich nicht zu den "Besserverdienenden". Reich sind immer die anderen, und | |
dass die mehr zahlen sollen, kratzt doch keinen. Wir haben hier noch ein | |
paar Minderheiten anzubieten, denen das Finanzamt Geld aus der Tasche | |
ziehen könnte: | |
1. Der Bartträger | |
Vor ein paar Jahren noch wäre diese Steuer absurd gewesen, eine | |
Wiedereinführung der Steuer, die 1698 von Zar Peter I. erdacht wurde und | |
der Modernisierung seines Reiches dienen sollte, hätte kaum etwas | |
eingebracht. Nun aber, da der Bart wieder hip geworden ist, könnte so eine | |
Steuer jede Menge einbringen und unfair wäre sie auch nicht. Denn | |
eigentlich betuppen die fusseligen Gesichtshaarträger den Fiskus um | |
tausende, ach was, Millionen. Diese Männer, meist in Elternzeit, schieben | |
ihre Kinderwagen durch Alternativtrendbezirke (Prenzlauer Berg in Berlin, | |
Glockenbachviertel in München), anstatt wie alle braven Reihenhausbewohner | |
Rasierzeug zu kaufen und so die Mehrwertsteuer zu entrichten. Apropos: Eine | |
Kinderwagensteuer wurde 1913 im französischen Brest eingeführt und wieder | |
abgeschafft. Eine Neubelebung könnte man riskieren - den Ureinwohnern | |
dieser Viertel zum Wohle, der Gentrifizierung zum Schaden. | |
2. Thilo Sarrazin | |
Im 15. und 16. Jahrhundert mussten die Einwohner des Heiligen Römischen | |
Reiches Deutscher Nation noch den Türkenpfennig zahlen. Erhoben, um die | |
Horden der osmanischen Sultane von den christlichen Fachwerkhütten | |
fernzuhalten, wäre die Abgabe heute wieder zeitgemäß, um die von | |
sogenannten Islamkritikern herbeigeahnte Invasion der Kopftuchmädchen | |
zurückzuschlagen. Bei den Verkaufszahlen von "Deutschland schafft sich ab" | |
dürfte da einiges zusammenkommen. Die Freunde von Political Incorrect | |
zahlen sicher auch gern noch was drauf, aber bitte nicht nur Wortspenden, | |
liebe Freunde, ja - hier ist mal harte Währung gefragt. Damit das | |
Staatsportmonee noch voller wird, könnte man zugleich - als eine Art | |
Wettbewerb - den Sarrazinpfennig erheben. Der Mann zweifelt die Tüchtigkeit | |
des türkischstämmigen Mittelstandes an - beweist ihm das Gegenteil! | |
3. Die Geheimniskrämer | |
Mit dieser Abgabe wäre endlich ein urbaner Mythos erledigt. Dass unsere | |
westlichen Nachbarn, die Holländer, nämlich in Häusern leben, durch die man | |
bequem hindurchschauen kann, liegt am calvinistischen Ethos, demzufolge der | |
Stoff vor dem Fenster als unfrommes "privacy setting" galt. Schließlich | |
konnte man dahinter allerlei Schweinkram wie Alkohol, Sex, Salz (siehe | |
unten) verbergen. Eine Storessteuer wurde in den Niederlanden aber nie | |
erhoben. Warum eigentlich nicht? Auch heute gibt es noch Menschen, die aus | |
gefühls- und indentitätsduseligen Gründen so etwas wie Privatsphäre | |
schätzen. Diese uneinsichtige Minderheit gehört bestraft und besteuert - | |
mit einer Abgabe auf Rechner, die sich hinter der digitalen Gardine - | |
Firewall - verschanzen. | |
4. Salzstreuer | |
Dinge zu besteuern, die wir genießen, die aber der Gesundheit schaden, hat | |
einige Tradition - kurzer Blick rüber zu den Tabak- und Alkoholsteuern rund | |
ums Erdenrund - euch gehts gut, oder, Mädels? Weitermachen. Weil heute | |
selbst die ehemals saufende und kiffende Linksgrünbourgeoisie ihr Glück in | |
der Askese sucht - Recht auf Rausch heißt heute Verrat am Volkskörper -, | |
ist es jetzt an der Zeit, all jene aufzuspüren, die glauben, ihr | |
frevelhaftes Tun im toten Winkel der Harmlosigkeit ausüben zu können. | |
Bluthochdruck, Herzinfarkte - Salz gehört als Gefahrengut besteuert. Wir | |
blicken Absolution erheischend nach Indien (Salzmarsch und so). Sorry, | |
Mahatma. | |
8 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
D. Schulz | |
N. Tenberg | |
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