# taz.de -- Angeblich "cleane" Eltern: Wieder Drogenspuren auf Kinderköpfen | |
> Die Sozialbehörde hat die Haarproben von 28 weiteren Kindern untersuchen | |
> lassen. 13 Kinder wurden in diesem Jahr abhängigen Eltern weggenommen. | |
Bild: Da ist der Wurm drin: Neue Analysetechnik stellt die Bremer Linie gegenü… | |
Das Bremer Sozialressort hat weitere Haaranalysen von Kindern | |
drogenkonsumierender oder substituierter Eltern ausgewertet. Die Gutachten | |
der Toxikologie der Berliner Charité ergaben, dass bei 21 von 30 | |
untersuchten Kindern Abbauprodukte verschiedener Drogen - Heroin, Kokain, | |
Amphetamine, Cannabis und Methadon - gefunden wurden. Bis auf eine Ausnahme | |
bedeutet dies nicht automatisch, dass die Eltern ihren Kindern auch Drogen | |
verabreicht haben. "Diese Frage kann die Analytik gar nicht eindeutig | |
beantworten", sagt Ressortsprecher Bernd Schneider. | |
In vielen Fällen ist es wahrscheinlich, dass die Kinder ihrerseits | |
Abbauprodukte von Rauschmitteln über den Schweiß bei Körperkontakt mit den | |
Eltern aufgenommen haben. Die in den Kinderhaaren festgestellten | |
Konzentrationen der Drogenabbaustoffe sind meist so gering, dass sie etwa | |
bei einer Untersuchung in Zusammenhang mit einem Führerscheinentzug nicht | |
erwähnt werden. Auch eine Aufnahme durch Stäube in der Raumluft sei | |
möglich, sagt Sozial-Staatsrat Horst Frehe: "Es ist für uns aber nicht nur | |
die Frage, ob die Drogen den Kindern verabreicht wurden, es ist auch die | |
Frage, ob die Eltern sich aus der Drogenszene gelöst haben." In einem Fall | |
sei nachgewiesen worden, dass ein Kind ein Beruhigungsmittel erhalten habe. | |
Alle Ergebnisse seien mit den Eltern "besprochen worden", sagte | |
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). "Teils haben die Eltern gesagt: | |
Bitte helfen Sie uns, wir sind überfordert, es ist nicht gut, wenn das Kind | |
bei uns bleibt." Seit Anfang des Jahres sind die Haare von insgesamt 64 | |
Kindern getestet worden, 14 davon waren spurenfrei, in 14 Fällen wurden | |
nennenswerte Spuren gefunden. In elf Fällen wurden die Kinder nach solchen | |
Untersuchungen aus der Familie genommen, bei zwei Fällen führten | |
Drogenfunde im Haar der Eltern zu dieser Entscheidung. | |
Staatsrat Frehe kündigte an, sich mit Jugendamt und Familiengericht über | |
Kriterien zu beraten, nach denen die "ultima ratio", die Herausnahme des | |
Kindes, angemessen sei. In zwei Fällen hatte das Familiengericht Klagen | |
dagegen stattgegeben. | |
Auch die Haare von 19 Eltern wurden auf freiwilliger Basis untersucht. Die | |
meisten waren clean, in sechs Fällen gab es jedoch Befunde, die auf akuten | |
Konsum harter Drogen hindeuten. In einem Fall wurde lediglich Cannabis | |
festgestellt, vier Haare wiesen Spuren lange zurückliegenden Konsums auf. | |
"Die Haaranalysen haben ihre Berechtigung", sagt Stahmann, auch wenn sie | |
nur im Zusammenspiel mit einem Netzwerk sozialer Einrichtungen sinnvoll | |
seien. Am Donnerstag hat sie die Abgeordneten der Sozialdeputation mit | |
einem Zwischenbericht über die bisherigen Ergebnisse der Haaranalysen | |
informiert. Gemeinsam mit den Abgeordneten will sie nun klären, ob die 250 | |
Euro teuren Haaranalysen künftig als Routineuntersuchung bei Elternhäusern | |
mit Verbindungen in die Drogenszene eingeführt werden. Die Alternative sei, | |
sie nur "anlassweise" anzuordnen, sagte Stahmann. | |
Die CDU-Politikerin Rita Mohr-Lüllmann meinte, es sei ganz gleich, wie die | |
Drogen in die Haare gelangt sind: "Die betroffenen Kinder sind im | |
Drogenmilieu größter Gefahr ausgesetzt und haben dort schlicht und | |
ergreifend nichts zu suchen." | |
8 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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