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# taz.de -- Plädoyers im Fall Torben P.: Staatsanwalt fordert Haftstrafe
> Der wegen einer Gewalttat in einem U-Bahnhof angeklagte Torben P. soll
> vier Jahre Jugendstrafe bekommen, fordert die Anklage. Verteidigung
> plädiert auf Bewährung.
Bild: Der angeklagte Torben P. am Donnerstag vor Verhandlungsbeginn.
Der 18-jährige Schüler Torben soll nicht nach Erwachsenen- sondern nach
Jugendstrafrecht verurteilt werden. In diesem Punkt waren sich
Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Donnerstag einig. In der Frage, wie
die Gewalttat im U-Bahnhof Friedrichstraße zu bestrafen ist, gingen die
Ansichten indes weit auseinander. Vier Jahre Freiheitsstrafe wegen
versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung forderten die
Ankläger, zwei Jahre auf Bewährung die Verteidiger. Die Vertreterin der
Nebenklage wollte Torben P. gar wegen versuchten Mordes hinter Gittern
sehen.
Auch bei den Plädoyers ging es immer wieder um die Bilder, die
Überwachungskameras am 23. April von der Tat auf dem U-Bahnhof
Friedrichsstraße aufgezeichnet hatten. Insbesondere um eine Szene, die
Torben P. in den Medien Bezeichungen wie "Hasstreter" einbrachte. Der
Ausschnitt zeigt, wie der 18-Jährige einen Fahrgast mit einer Flasche
niederschlägt und dem am Boden liegenden vier Mal mit voller Wucht gegen
den Kopf tritt. Er versucht es sogar noch ein fünftes Mal, wird aber von
einem couragierten Zeugen gehindert. Auch er wird von Torben P. und dem
gleichaltrigen Mitangeklagten Nico A. zu Boden geschlagen.
Die unmittelbare Tatszene ist acht Sekunden lang, es gibt keinen Ton. Die
Körpersprache des Angeklagten spiegele "Triumph und Sicherheit", so die
Staatsanwältin Katrin Faust. Sie glaube Torben P. nicht, dass er so
betrunken war, wie er vor Gericht behauptete. Der Angeklagte hatte erklärt,
sich an das unmittelbare Tatgeschehen nicht erinnern zu können. Die
Erinnerungslücken seien vorgeschoben, so die Staatsanwältin. Wenn Torben P.
in seinem Geständnis erklärt habe, Verantwortung für seine Tat übernehmen
zu wollen, so nehme sie ihm das nicht ab. "Es ging ihm darum zu
beschönigen. Er wußte genau, wo er hintritt", habe den Tod des Geschädigten
billigend in Kauf genommen, so die Staatsanwältin. Dass dieser überlebt
habe, sei "eher dem Zufall zuzuschreiben".
Die Bilder könnten auch ganz anders interpretiert werden, meinten Torben
P.s Verteidiger. Man sei weit entfernt dem Opfer eine Mitschuld geben zu
wollen. Es könne aber sein, dass Torben P. bei dem vorangegangenen Gerangel
mit dem Opfer auf dem Bahnhof "seinen Körper erst mal auf
Verteidigungmodus" geschaltet habe und diesen nicht "wie eine Maschine"
sofort habe zurückschalten können. Die Dynamik dürfe nicht unterschätzt
werden. "Es mag sein, dass er die Situation aufgrund seiner hochgradigen
Alkoholisierung völlig verkannt hat".
Die Verteidiger forderten, die Strafe zur Bewährung auszusetzten. Torben P.
Reue sei ehrlich, er setze sich mit der Tat auseinander, absolviere
freiwillig eine Therapie. Er habe einen neuen Schulplatz gefunden.
Strafmildernd berücksichtigt werden müsse auch, dass der Angeklagte eine
Verfolgung und Diffamierung sondergleichen erfahren habe, sagten die
Anwälte - und meinten damit die Medienberichterstattung. Aufgrund von
Morddrohungen habe die Familie sogar umziehen müssen. Das Urteil soll am
19. September verkündet werden.
8 Sep 2011
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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