# taz.de -- Umweltschützer protestieren: Irans größter See droht zu versalzen | |
> Im Iran demonstrieren Umweltaktivisten gegen die drohende Austrocknung | |
> des Urmiya-Sees. Nun sieht die Regierung ein, dass Handlungsbedarf | |
> besteht. | |
Bild: Wo einst Wasser war, ist nur noch Salz: Urmiya-See. | |
BERLIN taz | Mit so heftigen Reaktionen hat die iranische Führung nicht | |
gerechnet. Das Parlament hatte mit einer großen Mehrheit einen Eilantrag | |
zur Soforthilfe für den Urmiya-See abgeschmettert. In der betroffenen | |
Provinz Aserbaidschan im Nordwestens des Iran löste dieser Beschluss | |
Massenproteste aus. | |
"Aserbaidschan erhebe dich, schreie, hauche dem See deinen Atem ein", | |
riefen Tausende von Demonstranten vergangene Woche auf einer | |
Großkundgebung. Wie in anderen Fällen üblich trieben Sicherheitskräfte die | |
Demonstranten mit Gewalt auseinander. Es gab Hunderte von Festnahmen und | |
zahlreiche Verletzte. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass iranische Umweltaktivisten und ihre | |
Unterstützer zu Tausenden auf die Straße ziehen. Sie empören sich über die | |
Regierung in Teheran, die aus ihrer Sicht nur unzureichend gegen die | |
drohende ökologische Katastrophe im Urmiya-See vorgeht. | |
Der Urmiya-See ist mit einer Länge von 140 Kilometern und einer Breite von | |
55 Kilometern der größte See des Landes. Er bietet Lebensraum für Hunderte | |
Pflanzen- und Tierarten. Zudem ist er die Lebensgrundlage von Millionen von | |
Iranern. Seit Jahren droht der See auszutrocknen und sich in eine Salzwüste | |
zu verwandeln. Sein Wasser hat bereits jetzt einen Salzgehalt von etwa 30 | |
Prozent. | |
Sachverständige haben festgestellt, dass der See innerhalb der vergangenen | |
15 Jahre sechs Meter an Tiefe verloren hat. Die ehemals 5.700 | |
Quadratkilometer große Wasserfläche ist inzwischen um 2.700 | |
Quadratkilometer geschrumpft. | |
## Drohende Gefahr für Landwirtschaft | |
Doch nicht nur die Existenz von Millionen von Bauern in der näheren | |
Umgebung ist bedroht. Sollte der See austrocknen, würden Schätzungen von | |
Experten zufolge acht bis zehn Milliarden Tonnen Salz übrig bleiben. Die in | |
der Gegend häufig auftretenden Stürme würden das Salz auf die umliegenden | |
Felder tragen und dann die Lebensgrundlage von weiteren rund vierzehn | |
Millionen Bewohnern versalzen. Bereits jetzt sind zahlreiche Dörfer um den | |
See wegen Salzablagerungen unbewohnbar. | |
Hauptgrund für diese ökologische Katastrophe ist den iranischen | |
Umweltaktivisten zufolge die verantwortungslose Politik der | |
Zentralregierung der vergangenen Jahre. Ungeachtet der Folgen hätte sie mit | |
dem massenhaften Bau von Staudämmen dafür gesorgt, dass die Wasserzufuhr | |
verhindert werde. | |
Bislang wurden 15 Flüsse mit 36 Dämmen gestaut. Mindestens 15 weitere Dämme | |
befinden sich im Bau, weitere stehen in Planung. Sachverständige, die seit | |
Jahren die Regierenden vor der herannahenden Katastrophe warnen, hat | |
Teheran lange Zeit ignoriert. | |
Mittlerweile sieht die Regierung zwar ein, dass Handlungsbedarf besteht. | |
Mohammad Djwad Mahdisadeh, Leiter des Umweltamts, kündigte vergangene Woche | |
im staatlichen Fernsehen an, die Regierung werde Wasser der Flüsse Aras und | |
Silweh in den Urmiya-See leiten und dafür eine Summe in Höhe von | |
umgerechnet 900 Millionen Dollar aufwenden. | |
Doch die Umweltaktivisten bezweifeln, dass diese Maßnahmen ausreichen | |
werden. Sie fordern, dass sehr viel mehr Dämme geöffnet werden müssten. Und | |
auch der Bau weiterer Dämme müsse unverzüglich eingestellt werden. Nur so | |
ließe sich der Prozess des Austrocknens aufhalten. | |
11 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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