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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Auf dem Platz ist alle Theorie grau
> 98 Prozent der Pässe eines Augsburgers kamen an, seine Elf verlor 1:4.
> Der Fußball entzieht sich einer statistischen Erklärung. Das beweist auch
> der 5. Bundesliga-Spieltag.
Bild: Er trifft und läuft: Mario Gomez.
Nachdem die deutsche Leichtathletik nur noch eine Schwerathletik ist, lohnt
ein Blick auf den Fußball, wo es ja noch ein paar ausdauerstarke Läufer
geben soll. Und siehe da: Die besten Mittelstreckenläufer dieses
Bundesliga-Wochenendes waren in Dortmund am Start.
Der Borusse Kevin Großkreutz rannte im Spiel gegen Hertha BSC Berlin 12,3
Kilometer. Sein Kollege Shinji Kagawa brachte es sogar auf 12,4 Kilometer.
Und so viel schlechter waren Lukas Piszczek oder Marcel Schmelzer auch
nicht.
Man könnte einwenden, dass sie sich trotzdem nicht für das Team des
Deutschen Leichtathletik-Verbandes qualifizieren würden, weil sie ja 90
Minuten für ihre Strecke brauchten, aber so viel schlechter als die echten
deutschen Leichtathleten, also jene, die zur Abwechslung mal keine
Eisenkugeln wuchten oder Disken in den Orbit schießen, sind sie damit auch
nicht.
Das Problem bei den laufstarken Borussen war eher: Sie haben trotz
rekordverdächtiger Kilometerschrubberei nicht gewonnen. Gegen einen
Aufsteiger. Was sagt uns das? Erst mal, dass Laufen allein nicht reicht.
Und zweitens, dass dieser neumodische Statistik-Schnickschnack, der uns
sicher bald verrät, wie viel eine Flatulenz zur Beschleunigung des Spielers
X beiträgt, nur bedingt aussagekräftig ist.
## 7,9 Kilometer gerannt, vier Tore geschossen
Es mag die Apologeten der harten Zahlen überraschen, aber es können
Mannschaften als Sieger vom Platz gehen, die nur 35 Prozent Ballbesitz
hatten. Und es können Teams verlieren, deren Passgenauigkeit um zehn
Prozent höher lag als die des Gegners. Lauffaule Team können ebenso
reüssieren wie zweikampfschwächere. Das alles kommt vor. Und das sind nicht
nur Ausnahmen von der Regel.
Dies soll nun kein Plädoyer für das gemütliche Traben mit Ball werden, weiß
Gott nicht, es ist gut, dass die Jahre des gepflegten Standfußballs hinter
uns liegen. Aber hinter den nackten Zahlen versteckt sich eine Wahrheit,
die sich nur offenbart, wenn die Zahlen in Relation gesetzt werden zum
Spielsystem, zu den individuellen Fähigkeiten der Spieler und meinetwegen
auch noch zu der berühmten Tagesform. Erst dann ergibt sich ein Bild.
Die Totalüberwachung der Spieler und die Kolportage der Werte in die
Öffentlichkeit mag der Transparenz dienen, aber manchmal ist der Datenwust
so aufschlussreich wie die Windows-Programmieranleitung für einen, der
einfach nur seinen Computer benutzen will. Oder was sagt uns, dass Mario
Gomez bis zur 73. Minute nur 7,9 Kilometer gerannt ist, aber vier Tore
geschossen hat? Oder dass 98 Prozent der Pässe des Augsburgers Hosogai bei
seinen Mitspielern angekommen sind, seine Elf aber 1:4 verloren hat?
Fußball scheint ein Spiel zu sein, das nur mit komplexen Mitteln zu
erfassen ist. Oder wie es die Borussia-Legende Alfred "Adi" Preißler einst
formulierte: "Grau is alle Theorie - entscheidend is aufm Platz." Scheint
immer noch gültig zu sein.
12 Sep 2011
## AUTOREN
Markus Völker
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