| # taz.de -- Eingesperrt für einen Schubser | |
| > PROZESS Niederlage vor Gericht: Das Verhalten der Polizei bei der | |
| > Anti-NPD-Demo im April war zum Teil rechtswidrig. Ein Student wurde | |
| > grundlos stundenlang inhaftiert | |
| Bild: 30. April: 4.000 Menschen demonstrieren gegen Rechtsextreme, 3.000 Polizi… | |
| Die Bremer Polizei hat rechtswidrig und ohne Grund mindestens einen | |
| Demonstranten der Anti-NPD-Kundgebung Ende April über Stunden hinweg | |
| eingesperrt. Das hat jetzt das Amtsgericht festgestellt. Nun sieht die | |
| Polizei möglicherweise Schmerzensgeldforderungen sowie einer Anzeige wegen | |
| Nötigung und Freiheitsberaubung entgegen. Sven Sommerfeldt, der Anwalt des | |
| Betroffenen, geht davon aus, dass dies nicht der einzige Fall ist - sondern | |
| womöglich nur einer von gut einem Dutzend. | |
| Konkret ging es um den Studenten D., den die Polizei dem "linken Milieu" | |
| zurechnet. Sie wirft ihm vor, einen Polizisten "gegen den Oberkörper | |
| geschubst" zu haben - was sie als strafbaren Widerstand gegen | |
| Vollstreckungsbeamte auslegt. Schließlich sei die betroffene Hundertschaft | |
| der Bereitschaftspolizei aus Bonn gerade dabei gewesen, eine Blockade der | |
| GegendemonstrantInnen am Eingang der Neustadt aufzulösen. 4.000 Menschen, | |
| darunter auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) versammelten sich damals, | |
| um gegen rund 180 Rechtsextremisten zu protestieren. Begleitet wurde die | |
| Demo von über 3.000 PolizistInnen. | |
| D. wurde dabei von der Polizei vorläufig festgenommen, auf dem | |
| Polizeipräsidium in der Vahr in eine Zelle gesperrt und erst Stunden später | |
| wieder frei gelassen. Diese "Freiheitsentziehung", stellte das Amtsgericht | |
| jetzt klar, war "nicht gerechtfertigt". In Anbetracht des "geringen | |
| Tatvorwurfs" und des "nicht ersichtlichen Haftgrundes" war eine Festnahme | |
| des D. nämlich durch gar "keine explizite Vorschrift" gedeckt, sagen die | |
| Richter. Zumal der Beschuldigte der Flucht "nicht verdächtig" gewesen sei - | |
| denn D. hatte sich bereits an Ort und Stelle bei der Polizei ausgewiesen. | |
| Den Vorwurf selbst bestreitet er ohnehin. D. wirft vielmehr seinerseits den | |
| Beamten vor, ihn geschubst zu haben. | |
| De facto war D., einmal auf dem Polizeipräsidium angekommen, zunächst eine | |
| Stunde lang in einer Zelle eingesperrt. Nachdem er verhört wurde, aber | |
| keine Angaben zur Sache machte, musste er für eine weitere Stunde dorthin | |
| zurück. Selbst als er erkennungsdienstlich behandelt und fotografiert war, | |
| ließ man ihn nicht frei: Weil die Polizei befürchtete, D. könnte zur Demo | |
| zurück, sperrte sie ihn einfach wieder ein. | |
| Einer Schuld ist die Polizei sich nicht bewusst: Es kam zu keiner | |
| "förmlichen Gewahrsamnahme" heißt es dazu in einem Polizeivermerk. "Die | |
| sind sich ihres Grundrechtsverstoßes gar nicht bewusst", sagt dazu Anwalt | |
| Sommerfeldt. "Dabei ist die Entziehung der Freiheit mit der heftigste | |
| Eingriff in die Persönlichkeitsrechte." Er sei nur zulässig, wenn ein | |
| Richter das ausdrücklich anordne - oder Gefahr im Verzug herrsche. Beides | |
| aber war hier nicht der Fall. Spätestens nach der erkennungsdienstlichen | |
| Behandlung hätte D. freigelassen werden müssen, sagen deshalb auch die | |
| Richter. | |
| Das Strafverfahren gegen D. steht noch aus. Ob und wann es eröffnet wird, | |
| ist noch unklar. | |
| 12 Sep 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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