# taz.de -- Griechenland in der Schuldenkrise: Die Pleite organisieren | |
> Die Wirtschaft in Griechenland schrumpft und die Staatsdefizite sind | |
> größer als geplant. Was ist zu tun? Zwei Modelle werden zur Zeit von | |
> Politikern diskutiert. | |
Bild: Welche Währung ist die bessere Wahl? | |
BERLIN taz | Griechenland ist Pleite - diese Erkenntnis ist keineswegs neu. | |
Schon seit Monaten zeichnet sich ab, dass das Land seine Staatsschulden | |
nicht komplett bedienen kann, die Ende 2011 bei rund 350 Milliarden Euro | |
liegen dürften, was mehr als 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts | |
entspricht. Die Frage ist nur: Wie lässt sich eine Insolvenz Griechenlands | |
am besten organisieren? | |
Zwei Modelle sind prinzipiell denkbar - und beide werden von den deutschen | |
Regierungsparteien auch schon diskutiert. Modell 1: Die Griechen bleiben im | |
Euro. Gleichzeitig wird ihnen etwa die Hälfte ihrer Staatsschulden | |
erlassen. Einen Teil dieser Kosten müssten die Banken tragen, indem sie auf | |
eine vollständige Rückzahlung der Kredite verzichten, die sie dem | |
griechischen Staat gewährt haben. Eine derartige Lösung scheint sich | |
FDP-Chef Philipp Rösler vorzustellen, wenn er von einer "geordneten | |
Insolvenz Griechenlands" spricht. | |
Eine solche Insolvenz wäre für die anderen Euroländer nicht kostenlos zu | |
haben. Denn durch die Rettungspakete gehören sie längst selbst zu den | |
Gläubigern Griechenlands. Zudem hat die Europäische Zentralbank griechische | |
Staatsanleihen aufgekauft. | |
Hinzu kommen die indirekten Kosten, die in Griechenland anfallen. Denn eine | |
Insolvenz würde bedeuten, dass auch die griechischen Banken sofort pleite | |
wären, da sie dem griechischen Staat sehr viel Geld geliehen haben. Also | |
bräuchten die griechischen Institute neues Kapital, das ihnen nur die | |
anderen Euroländer gewähren könnten. | |
## Ansteckende Insolvenz | |
Neben den Milliardenverlusten für die Euroländer taucht bei der "geordneten | |
Insolvenz" in Griechenland noch ein zweites Problem auf: die viel zitierte | |
"Ansteckungsgefahr". Verschreckt von der griechischen Pleite, könnten die | |
Investoren enorme Risikoaufschläge für die Staatsanleihen anderer | |
Euroländer verlangen - und sie damit ebenfalls in die Pleite treiben. | |
Diese Gefahr ist nicht eingebildet, wie die Entwicklung in den vergangenen | |
Wochen zeigt: Auf dem EU-Gipfel im Juli wurde bereits eine zaghafte | |
Umschuldung Griechenlands beschlossen, zu der auch gehörte, dass die Banken | |
auf 21 Prozent des Nennwerts ihrer griechischen Staatsanleihen verzichten | |
sollten. | |
Prompt stiegen die Zinsen für spanische und italienische Staatsanleihen so | |
stark an, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) seither gezwungen | |
sieht, auch diese Papiere aufzukaufen. | |
Ab Oktober ist allerdings Entlastung in Sicht: Sofern die nationalen | |
Parlamente zustimmen, kann dann auch der EU-Rettungsschirm EFSF | |
Staatsanleihen aufkaufen. Eine "Ansteckungsgefahr" wäre eingedämmt. | |
## Ein Austritt ist nicht möglich | |
Modell 2: Die Griechen verlassen den Euro und führen wieder die Drachme | |
ein. Diese Variante wird bei der CSU inzwischen offen thematisiert. | |
Allerdings ist es bisher rechtlich nicht möglich, den Euro zu verlassen, | |
wie die EU-Kommission schon vor Wochen betonte. Weder ein freiwilliger | |
Austritt noch ein Rauswurf sind in den Euro-Verträgen vorgesehen. | |
Trotzdem rechnen auch viele Griechen damit, dass die Drachme zurückkehrt. | |
Deswegen ziehen sie bereits jetzt ihr Geld von den griechischen Banken ab | |
und verlagern es ins Euro-Ausland. | |
Für die anderen Euroländer würde auch dieses Modell teuer, denn die | |
Griechen wären nicht mehr in der Lage, ihre Eurokredite zu bedienen, da die | |
Drachme stark an Wert verlieren würde. Erneut müssten die Banken, die EZB | |
und die Euroländer ihre Forderungen an Griechenland abschreiben. Egal | |
welches Modell man wählt - eine Insolvenz Griechenlands würde in jedem Fall | |
teuer. | |
13 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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