# taz.de -- Kommunalwahl in Cuxhaven: Aufregung über vergessene Stimmzettel | |
> Am Dienstag tauchten in Cuxhaven unausgezählte Briefwahlunterlagen auf - | |
> sie lagen in einem Karton, der bei der Auszählung vergessen wurde. Der | |
> zukünftige Oberbürgermeister musste nochmal zittern. | |
Bild: Stimmauszählung in Cuxhaven: Irgendwo in der Nähe muss er stehen, der v… | |
HAMBURG taz | Ein ganz normaler Umzugskarton sorgte am Dienstagmorgen für | |
Aufregung im Cuxhavener Rathaus. In ihm lagen 273 ungeöffnete und damit | |
auch unausgezählte Briefwahlumschläge. Ein Mitarbeiter fand die Kiste in | |
einem Büro, in dem am Sonntag Wahlhelfer die Stimmen der Briefwähler aus | |
der Cuxhavener Innenstadt auszählten - doch offensichtlich nicht alle. Mit | |
dem Fund stand das Ergebnis der Oberbürgermeister-Wahl am vergangenen | |
Sonntag in Frage. Die hatte der Kandidat von CDU, FDP und Grünen, Ulrich | |
Getsch (parteilos), mit nur 84 Stimmen Vorsprung vor der SPD-Frau Susanne | |
Puvogel gewonnen. Etwas weiter abgeschlagen landete ein dritter Kandidat. | |
Der bisherige Cuxhavener Oberbürgermeister Arno Stabbert war auch der | |
Gemeindewahlleiter. "Für mich war die wichtigste Frage: Wie können wir die | |
Auszählung jetzt noch ordnungsgemäß durchführen?", sagt er der taz. | |
Stabbert setzte erneut einen Wahlvorstand ein. Nach rund vier Stunden | |
Auszählen war klar: Die bisher nicht berücksichtigten Stimmzettel verändern | |
das Endergebnis der Oberbürgermeisterwahl nicht. Getsch konnte seinen | |
Vorsprung sogar um 35 Stimmen ausbauen. Ob es Verschiebungen im Kreistag | |
oder Stadtrat gibt, war bis zum Redaktionsschluss nicht bekannt. Auch diese | |
Stimmzettel lagen in den ungeöffneten Briefen. | |
Stabbert sagt, er habe keine Indizien dafür vorgefunden, dass etwas | |
manipuliert worden sei. "Es sieht so aus, dass der Fehler aus | |
Schusseligkeit passiert ist." Hätte er auch nur den Hauch eines Verdachts | |
gehabt, hätte er die Nachzählung nicht angeordnet. | |
Um herauszufinden, was genau passiert ist, will Stabbert den Wahlvorstand | |
des betreffenden Bezirks jetzt schriftlich befragen. Sein bisheriger | |
Erkenntnisstand: Die Briefwahlunterlagen sind eingegangen, registriert | |
worden und dann nach Wahlbezirken getrennt in mehreren Kisten in einem | |
abgeschlossenen Raum gelagert worden. Am Wahltag seien die Kisten des | |
Bezirks in die entsprechenden Wahlzimmer gebracht worden, in denen | |
ausgezählt wurde. Beim Briefwahlbezirk II seien mehrere Kisten übergeben | |
worden. Eine davon wurde nicht berücksichtigt. | |
Benjamin Goltsche ist Stellvertretender Landeswahlleiter, er berät die | |
kommunalen Wahlleiter, ist aber keine Aufsicht. Er hält das Vorgehen der | |
Cuxhavener für richtig und glaubt nicht, dass dadurch Wahlwiederholung | |
nötig wird. Goltsche ist gelassen: "Für die Wahlleitung vor Ort ist das ein | |
Ärgernis, aber der Fehler wird ja geheilt", sagt er. Damit die Wahl | |
wiederholt werden müsse, müssten massivere Wahlfehler vorliegen, die die | |
Mandatsverteilung beeinflussen. Klassische Beispiele seine: Keine neutrale | |
Wahlleitung, falsche, zurückgehaltene oder manipulierte Stimmzettel. Das | |
alles liege in Cuxhaven nicht vor. | |
Auch Dirk Schumacher vom Verein Mehr Demokratie Bremen-Niedersachsen bleibt | |
gelassen angesichts der Cuxhavener Probleme. "Es scheint nun mal leider | |
vorzukommen, dass solche Fehler passieren." | |
Für ihn entscheidender: Auch jetzt hat der Gewinner der | |
Oberbürgermeister-Wahl in Cuxhaven nur 37,6 Prozent der Wähler hinter sich. | |
Eine Stichwahl bei Bürgermeister- und Landratswahlen hat der Landtag im | |
letzten Herbst abgeschafft. Begründung der Regierung war damals: Die | |
Beteiligung bei den Stichwahlen sei gering, außerdem könne man mit nur | |
einem Wahlgang Kosten sparen. | |
Nun ist Gewinner, wer im ersten Wahlgang am meisten Stimmen bekommt. "Es | |
gibt jetzt Bürgermeister, die acht Jahre im Amt sind, aber nur von einer | |
Minderheit der Bürger gewählt wurden", sagt Schumacher. Außerdem sei es | |
wahrscheinlich, dass die Wähler weniger Kandidaten zur Auswahl bekämen. | |
"Die Parteien werden Bündnisse bilden." Das sei schade, weil auch in einem | |
politische Lager Kandidaten unterschiedliche Programme und Ideen haben | |
könnten - die gingen so verloren. | |
Mehr Demokratie hat im Herbst vergangenen Jahres einen Kampagne gegen diese | |
Reform der Kommunalwahl-Regeln gefahren - ohne Erfolg. | |
13 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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