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# taz.de -- Kommentar Piratenpartei: Die Kunst der Improvisation
> Die Berliner haben den Piraten einen klaren Auftrag erteilt:
> Improvisiert! Spielt mit Leuten im Parlament. Wir haben ihren
> selbstzufriedenen Dilettantismus so satt.
Ihr Profil ist diffus, doch die Berliner haben den Piraten einen klaren
Auftrag erteilt: Improvisiert! Spielt mit Leuten im Parlament, deren
Sprache ihr nicht sprecht, deren Zahlen ihr nicht kennt, egal. Hauptsache,
ihr bringt eine neue Partitur in den Elfenbeinturm Politik, die die Alten
dazu zwingt, ihr Repertoire zu überdenken: Wir haben ihren
selbstzufriedenen Dilettantismus so satt.
Wer unterscheiden möchte zwischen Dilettanten, Chaoten und Improvisateuren,
der kann vom Freejazz etwas lernen. Der hat die Improvisation zur Kunstform
erhoben, und die Musiker beschreiben die Voraussetzung für das unerprobte
Zusammenspiel als harte Arbeit, die Disziplin und Selbstreflexion
erfordert. Du musst dein Instrument beherrschen und begriffen haben, welche
Rolle es in diesem Moment, bei diesem Auftritt spielen soll. Gleichzeitig
gilt es zu nehmen, was kommt, und etwas Neues daraus zu machen. Spielst du
einfach drauflos, endet das Ganze im Chaos. Beherrschen die Piraten also
ihr Instrument?
Eher noch nicht. In ihrem Wahlprogramm stehen Sätze wie: "Eine möglichst
große und sinnvolle Gewaltenteilung im Staat erachten wir Piraten als
absolut notwendig." Ach so. Doch wenn man dem Spitzenkandidaten Andreas
Baum glauben darf, benennen sie nicht nur die Leerstellen der anderen,
sondern gehen auch mit den eigenen Wissenslücken offensiv um. "Wir lernen
schnell", hat er gesagt.
Improvisieren ist eine Spielart von Lernen. Und lernen kann nur, wer bereit
ist, sich durch neue Kenntnisse verändern zu lassen. Esoterik? Von wegen.
Dank der Finanzkrise geben die politischen Eliten endlich zu, dass keiner
weiß, wie nationale Parlamente die Märkte regulieren können und wie eine
funktionierende Währungsunion auf den Weg gebracht werden soll. Es bleibt
nur die Improvisation, geschlossene Systeme implodieren. Im Fall FDP
implodieren und explodieren sie netterweise gleichzeitig: Sie ist
Protestpartei ohne Handwerk, sie verkörpert Machtstreben ohne
Lernbereitschaft.
Die Piraten haben in Berlin jetzt die Chance, Wowereit und die Grünen in
ihrem Run auf die Mitte herauszufordern. Vielen linksalternativen Wählern
ist es ein Graus, dass "ihre" Parteien aufgehört haben, über Alternativen
auch nur nachzudenken. Partybär und Verbraucherschützer müssen sich noch
mal und neu mit ihrer Klientel beschäftigen. Das kann Rot-Grün nur guttun.
19 Sep 2011
## AUTOREN
Ines Kappert
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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