# taz.de -- Kommentar Regierung: Abschied von Schwarz-Gelb | |
> Merkel droht ein absurdes Dauerschauspiel: Selbst dann, wenn bei der | |
> Euro-Rettung in der kommenden Woche die Mehrheit noch mal steht. | |
Die Bundesregierung bereitet sich auf eine politische Katastrophe vor. | |
Anders kann man nicht deuten, wie Finanzminister Schäuble derzeit die | |
Bedeutung der eigenen Mehrheit beim europäischen Rettungsschirm | |
herunterspielt. | |
Auch die Kanzlerin selbst klingt bei diesem Punkt in letzter Zeit noch | |
vager als sonst. Angela Merkel vermeidet sorgfältig, das schwarz-gelbe | |
Votum mit der Zukunft der Koalition oder ihrer Kanzlerschaft zu verknüpfen. | |
Wäre sie konsequent, müsste sie jedoch genau dies tun. Merkel hat die | |
Eurorettung zum wichtigsten Projekt dieser Legislaturperiode erklärt. | |
Scheitert der Euro, scheitert Europa, lautet ihr Credo. Fehlt Schwarz-Gelb | |
die eigene Mehrheit kommende Woche, hat Merkel für diesen Kurs keinen | |
Rückhalt mehr. | |
Dann stellt sich die Frage: Wie will die Kanzlerin mit einer Koalition noch | |
zwei Jahre regieren, die ihr in der zentralen Frage die Legitimation | |
entzieht? Gerhard Schröder stellte 2005 wegen seiner Agenda-Politik die | |
Vertrauensfrage, die Eurorettung hat eine weit größere Dimension. | |
Hinzu kommt, dass die entscheidenden Europa-Beschlüsse erst anstehen, etwa | |
der über einen permanenten Schirm im nächsten Jahr. FDP-Chef Philipp Rösler | |
ist nach dem Berlin-Desaster seiner Partei flugs vom euroskeptischen | |
Populismus in einen staatstragenden Tonfall gewechselt. Aber wie lange | |
widersteht er der Versuchung? | |
Merkel droht also ein absurdes Dauerschauspiel, selbst wenn die Mehrheit | |
kommende Woche noch mal steht. Schwarz-Gelb beschlösse innenpolitische | |
Bedeutungslosigkeiten, etwa eine Ministeuerreform, müsste sich aber bei der | |
Eurorettung dauerhaft auf die Opposition stützen. | |
Ein solches Szenario spricht allem Hohn, was andere EU-Länder mit Recht von | |
der wirtschaftsstärksten Nation Europas erwarten. Man kann Schäubles | |
Äußerungen deshalb auch ganz anders lesen: als kaum verhohlene Sehnsucht | |
nach einer großen Koalition. | |
21 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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