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# taz.de -- Kommunalwahlen in Saudi-Arabien: Plakate sind verboten
> Hausbesuch statt TV-Spots: Wahlkampf findet bei den letzten rein
> männlichen Lokalwahlen in Saudi-Arabien de facto nicht statt. Und das
> Interesse ist entsprechend gering.
Bild: Frauen in Riad: Sie dürfen am Donnerstag noch nicht mit abstimmen.
RIAD taz | Stell dir vor, es sind Wahlen, und keiner bemerkt es. So oder so
ähnlich müsste man den Urnengang in Saudi-Arabien am Donnerstag
zusammenfassen. Zum zweiten Mal in der Geschichte des Landes werden die
Stadträte gewählt, aber zu sehen oder zu hören ist davon so gut wie nichts.
Laut Gesetz dürfen Kandidaten keine Wahlplakate aufhängen oder in
öffentlichen Gebäuden oder gar im Radio oder Fernsehen werben. Erlaubt ist
lediglich, Seminare zu organisieren und die Wähler zu Hause zu besuchen.
Dementsprechend hält sich das Interesse in engen Grenzen. In zwei
Innenstadtbezirken der Hauptstadt Riad mit mehreren hunderttausend
Einwohnern haben sich jeweils etwas mehr als zweihundert Neuwähler
registrieren lassen. Schon bei den ersten Wahlen 2005 waren die Wahllokale
gespenstisch leer gewesen. "Die Leute wurden vor sechs Jahren gewählt",
sagt zum Beispiel der Student Saif al-Ghamdi, der seine Stimme nicht
abgeben wird, "aber seitdem hat man nie mehr etwas von ihnen gehört. Kann
schon sein, dass sie keine Macht haben, aber sie haben auch überhaupt
nichts unternommen."
Für wesentlich mehr Aufmerksamkeit sorgte denn auch die Ankündigung König
Abdullahs, bei den Wahlen 2015 hätten Frauen das aktive und passive
Wahlrecht und dürften in der Schura, einem beratenden Gremium, sitzen.
Überschattet wurde die Freude darüber allerdings von der Nachricht, dass
eine der Aktivistinnen gegen das Fahrverbot vor Gericht belangt werden
wird. Rechtsanwalt Waleed Abou Khair sagte, seine Klientin Najla Hariri sei
am Sonntag von der Staatsanwaltschaft vernommen worden, und das
Gerichtsverfahren gegen sie werde voraussichtlich nächsten Monat beginnen.
Laut Khair werden noch weitere Verfahren gegen die Aktivistinnen
vorbereitet. So berichtete die britische BBC, eine Frau, deren Namen nur
mit Shema angegeben wurde, sei zu zehn Peitschenhieben verurteilt worden.
Nach einer Kampagne im Juni hatten sich bis zu einhundert Frauen in
Saudi-Arabien hinters Steuer gesetzt, und die Verkehrspolizei hatte in den
allermeisten Fällen beide Augen zugedrückt. Einige Frauen wurden zwar aufs
Revier zitiert, wo sie ein Papier unterschreiben mussten, dass sie nicht
mehr fahren werden, aber sie wurden nicht strafrechtlich verfolgt.
Beobachter gehen davon aus, dass die De-facto-Duldung der Polizei dem
Umstand geschuldet war, dass das Fahrverbot für Frauen innerhalb der rund
5.000 Prinzen und Prinzessinnen zählenden Königsfamilie umstritten war und
dass die Verhaftung der Autofahrerin Manal al-Scharif im Mai einen
Aufschrei der Empörung in internationalen Medien ausgelöst hatte.
Die Wahlen zu den Stadträten in Saudi-Arabien gehen auf eine Initiative des
ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush zurück. Nach seiner Ankündigung,
infolge des Einmarsches im Irak, den Nahen Osten zu demokratisieren,
setzten die USA prowestliche Regimes wie Ägypten, Jordanien und
Saudi-Arabien unter Druck, Wahlen durchzuführen.
Saudi-Arabien tat den USA 2005 den Gefallen. Die zweiten, für 2009
geplanten Wahlen wurden aus angeblich "logistischen Gründen" auf
unbestimmte Zeit verschoben und erst nach dem Arabischen Frühling für den
29. September angesetzt.
29 Sep 2011
## AUTOREN
Peter Böhm
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