# taz.de -- Angebot für Regionalzeitungskonzern: Springer will WAZ | |
> Megadeal auf dem deutschen Medienmarkt? Axel Springer hat für Teile der | |
> WAZ-Gruppe ein Angebot vorgelegt. Auch eine Komplett-Übernahme ist nicht | |
> ausgeschlossen. | |
Bild: Im Zeitungsständer auch weiterhin getrennt, auf Verlagsseite vielleicht … | |
BERLIN taz | Der Poker um den WAZ-Konzern ist um eine Sensation reicher: | |
Jetzt will auch Deutschlands größter Zeitungskonzern Axel Springer | |
mitmischen. Wie das Manager Magazin berichtet, möchte das Medienhaus (Bild, | |
Welt, Hamburger Abendblatt) am liebsten die Sahneschnitten aus dem Essener | |
Regionalzeitungskonzern herauskaufen, schließt aber auch eine | |
Komplett-Übernahme nicht aus. Während Springer sonst zu derlei | |
Branchengerüchten keine Stellung nimmt, gibt es aus der Berliner | |
Konzernzentrale diesmal sogar eine Bestätigung: "Axel Springer hat für | |
Teile der WAZ-Gruppe ein unverbindliches Angebot abgeben", sagt | |
Springer-Sprecherin Edda Fels. | |
Die WAZ-Gruppe kontrolliert mit ihren Blättern das Ruhrgebiet, Thüringen, | |
und den Raum Braunschweig. Dazu kommen Anzeigenblätter, ein großer | |
Zeitschriftenverlag (u.a. Die Aktuelle, Gong, Echo der Frau) und | |
Beteiligungen an Österreichs auflagenstärksten Blättern Krone und Kurier. | |
Ebenfalls WAZ-eigen – aber für Springer weniger interessant – sind | |
zahlreiche Blätter in Ost- und Südosteuropa. | |
Sollte Springer zum Zuge kommen, würde das die Pläne des ausgebuffte | |
WAZ-Patriarch Günther Grotkamp schrotten. Seit WAZ-Gründung 1948 wurde der | |
Laden von einer Doppelspitze der beiden Gründungsfamilien Brost und Funke | |
geführt, die jeweils 50 Prozent der Anteile hielten. Grotkamp, der mit | |
einer Funke-Tochter verheiratet ist und bis 2000 ein Vierteljahrhundert | |
lang die Geschäfte der WAZ führte, will nun selbst die Konzernmehrheit | |
übernehmen. Die Erben von WAZ-Gründer Erich Brost und seiner Frau Anneliese | |
wollen verkaufen, der Deal hängt aber noch von der Zustimmung des | |
Testamentsvollstreckers und den anderen Familien des Funke-Clans ab. Was | |
ohnehin eine reichlich komplexe Angelegenheit ist, wird durch den | |
Springer-Vorstoß noch ein ganzes Stück unübersichtlicher. | |
## Jede Menge Unwägbarkeiten | |
Denn auch bei einem Springer-Deal gibt es jede Menge Unwägbarkeiten – | |
insbesondere was das Kartellrecht angeht. "Solche Bedenken sind sehr ernst | |
zu nehmen", sagt der Verlagsexperte Horst Röper der taz. Denn in Nord- und | |
Ostthüringen hat die WAZ-Tochter ZGT (Thüringer Allgemeine, Thüringer | |
Landeszeitung, Ostthüringer Zeitung) de facto schon ein Zeitungsmonopol, | |
auch die Braunschweiger Zeitung hat keine direkte Konkurrenz. Entscheidend | |
ist hier der Werbemarkt, in dem Springer in allen Regionen dank Bild | |
kräftig mitmischt. "Mir fehlt die Fantasie, wie die das schaffen wollen", | |
sagt Röper, aber einen Effekt dürfte die Offerte schon gehabt haben: | |
"Günther Grotkamp ist heute garantiert vom Stuhl gefallen." | |
Trotz aller Bedenken: Laut Manager Magazin hat Springer-Chef Mathias | |
Döpfner mit Datum vom 28. September auf gleich fünf Seiten ("Indikatives | |
Angebot zum Erwerb von WAZ-Geschäftsbereichen") Interesse angemeldet und | |
konkrete Zahlen genannt. Begründung: Zeitungen und Zeitschriften, so | |
Döpfner, hätten "eine attraktive Zukunft haben", und das "auch | |
langfristig". Ein Nein der Wettbewerbshüter fürchtet Springer nur beim Kauf | |
des Gesamtkonzerns. Solange es bei der Übernahme von Einzelteilen bleibt, | |
bietet Döpfner daher sogar an, das "Risiko einer Untersagung des Kaufs | |
durch das Kartellamt" zu übernehmen, so das Wirtschaftsblatt. Dies könnte | |
daran liegen, dass die Verleger auf ihrem Jahreskongress gerade wieder eine | |
Liberalisierung des besonderen Kartellrechts für die Presse gefordert haben | |
– und bei der Bundesregierung auf offene Ohren stießen. | |
## WAZ-Stammgebiet interessiert nicht | |
Interessanterweise bewertet Springer den Wert des WAZ-Konzerns auch | |
deutlich höher als Grotkamp: Während der für die WAZ-Hälfte der Brosts | |
"nur" 470 Millionen Euro bietet, würde Springer laut Manager Magazin für | |
die ganze WAZ-Gruppe bis zu 1,4 Milliarden zahlen. Auch für die einzeln ins | |
Auge gefassten Sahneschnitten liegen offenbar detaillierte Angebote vor: | |
Für die rund 50 WAZ-Prozent an den beiden österreichischen Boulevardtiteln | |
bietet Springer 200 Millionen Euro, für die Blätter in Thüringen und die | |
Braunschweiger Zeitung will Döpfner zusammen 250 Millionen Euro auf den | |
Tisch legen, für die Programm- und Frauenzeitschriften soll es nochmal 150 | |
Millionen geben. | |
Interessant dabei: Das eigentliche WAZ-Stammgeschäft im Ruhrgebiet | |
interessiert Springer nicht. Wohl aus gutem Grund: Während die | |
Zeitschriften und die Zeitungen in Braunschweig und Thüringen weiter | |
profitabel sind, hat die aktuelle WAZ-Geschäftsführung um Bodo Hombach und | |
Christian Nienhaus im Ruhrgebiet trotz drastischer Sparmaßnahmen und | |
Komplett-Umbaus der Zeitungen Mist gebaut. Der Ex-Kanzleramtsminister | |
Hombach (SPD) ist daher schon so gut wie weg – er soll im Zuge der | |
Brost-Anteilsverkäufe gehen. Was ein möglicher Springer-Deal für Nienhaus | |
bedeuten würde, bleibt abzuwarten. Man kennt sich schließlich: Nienhaus | |
arbeitete von 2001 bis 2008 als Verlagschef von Bild bei Springer – und war | |
dort deutlich erfolgreicher als jetzt bei der WAZ. | |
30 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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