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# taz.de -- Wiener Uni-Rektor über deutsche Studenten: "Kein grundsätzliches …
> Heinz Engl spricht über die "Piefke-Invasion" an Österreichs Hochschulen
> und die Aussicht, dass Deutschland für die Betreuung der deutschen
> Studierenden zahlt.
Bild: Viele Studenten aus Deutschland: Ein Beobachter verfolgt die Eignungsprü…
taz: Herr Engl, die Uni Wien hat 30.000 Voranmeldungen - die Studierenden
klagen, dass sie in die Seminare, die sie brauchen, gar nicht hineinkommen.
Manche Universitäten stöhnen jetzt über eine "Piefke-Invasion". Sie auch?
Heinz Engl: Von den Unis wird dieses Wort nicht verwendet. Aber es sind
deutlich mehr deutsche Studierende an den österreichischen Unis als früher.
Der Anteil der Studierenden aus Deutschland bei den StudienbeginnerInnen
liegt heuer bei rund 30 Prozent. In den letzten Wochen wurde die starke
Belastung der Unis auf die sogenannte "Deutscheninvasion" zurückgeführt.
Das ist bei uns in Wien nicht der Hauptgrund. Das mag für grenznahe
Universitäten wie Innsbruck und Salzburg anders sein. Auch bei uns ist die
Anzahl der Deutschen gestiegen. Aber es ist ja die Studierendenzahl auch
insgesamt gestiegen. Wir wollen eine international orientierte Universität
sein, wir wollen ausländische Studierende. Ich sehe darin kein
grundsätzliches Problem. Österreichs Unis, insbesondere die Uni Wien, sehen
sich als europäische Universitäten in Österreich.
Gibt es denn mehr Deutsche an Österreichs Universitäten als österreichische
Studierende an europäischen Unis?
Es studieren allein von der Universität Wien pro Jahr über 2.000
Studierende über Mobilitätsprogramme im Ausland. Das ist der gelebte
europäische Hochschulraum. Die neuen Zahlen gibt es noch nicht. Natürlich
haben wir jetzt das Problem der doppelten Maturajahrgänge in Deutschland.
Aber das wird ja nicht ewig anhalten. Das ist der große Erfolg des
europäischen Hochschulraums. Österreichs Studierende leben von der
Mobilität, und wir brauchen welche, die von außen reinkommen.
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will in Deutschland
Kompensationszahlungen für die Betreuung der deutschen Studierenden
einfordern.
Einfordern kann mans ja. Die Frage ist, ob mans bekommen wird. So etwas
passt nicht zum europäischen System.
Es gibt doch für einige Fächer eine Inländerquote …
Ja, im Bereich der Medizin. Die Medizinische Fakultät ist seit 2004 eine
eigenständige Universität.
Seit Jahren diskutiert man über Zugangsbeschränkungen. Sind die ein
brauchbares Lenkungsinstrument?
Den Lenkungseffekt erreicht man - natürlich nur beschränkt - durch
Information. Wir haben heuer zu Beginn des Sommers ziemlich stark für die
MINT-Fächer geworben: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik.
Das hat dazu geführt, dass die Voranmeldungszahlen in diesen Fächern
deutlich gestiegen sind. Aber wirklich lenken können wir nicht, weil wir
außer in wenigen Fächern - zum Beispiel in Psychologie - keine
Zugangsbeschränkungen haben. Der offene Hochschulzugang bleibt gewahrt.
Und die gefürchteten Knock-out-Prüfungen?
Die Prüfungen werden natürlich entscheidend sein. Aber das Ziel ist nicht,
nur eine bestimmte Anzahl von Studierenden durchzulassen, sondern die
Prüfungen sind inhaltlich anspruchsvoll gestaltet. Wer durchkommt, kommt
durch.
Wenn 80 Prozent durchkommen …
… haben wir ein Betreuungsproblem. Aber es sind immerhin 80 Prozent, die
gezeigt haben, dass sie für das Studium geeignet sind. Das ist eine neue
Situation. Wir müssen sehen, was rauskommt. Wir beginnen ja erst.
Seit Jahren gibt es in der Politik einen Streit über Studiengebühren. Wie
stehen Sie dazu?
Meine Position ist: Wir sind staatliche Universitäten - autonom, aber
staatlich finanziert. Ob die Unis von Steuermitteln oder durch
Studiengebühren finanziert werden, das zu entscheiden ist Aufgabe des
Bundes. Für uns ist es wichtig, eine ordentliche Finanzierung zu haben. Der
österreichische Gesetzgeber hat 2001 Studiengebühren eingeführt und sie ein
paar Jahre später durch Parlamentsbeschluss weitgehend wieder abgeschafft.
Die Politik muss sich endlich zu einer klaren Entscheidung durchringen. Für
uns ist nur wichtig, dass die Universitäten ihren Aufgaben gemäß finanziert
werden.
Sie haben alle möglichen Varianten erlebt. Gab es Auswirkungen auf Anzahl
der Studierenden und soziale Schichtung?
Das kann ich nicht beantworten. Die Anzahl ist nach Abschaffung der
Studiengebühren wieder angestiegen. Mit den Gebühren hat sich das Tempo des
Studierens etwas beschleunigt. Ob das eine allgemeingültige Aussage sein
kann, weiß ich nicht, dafür gab es in Österreich zu oft gesetzliche
Änderungen.
Vor zwei Jahren versuchte die "Uni brennt"-Bewegung, inhaltliche Reformen
und bessere Finanzierung durchzusetzen. Wie stehen Sie dazu?
Mir gefällt das Wort "Uni brennt" nicht. Eine Uni sollte nicht brennen. Man
muss in der Bewegung mehrere Phasen unterscheiden. Die studienbezogenen
Beschwerden zu Beginn waren berechtigt: überlaufene Studienrichtungen,
überstarke Verschulung des Studiums, zu viel Reglementierung. Inzwischen
ist das zum Teil aufgenommen worden.
12 Oct 2011
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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