| # taz.de -- Berliner Clubs wollen Recht auf mehr Lärm: Geräusche durch Tonwie… | |
| > Viele Clubs haben Ärger mit neuen Nachbarn. Die zeigen sich mit dem | |
| > Trubel unversöhnlich. Die Betreiber wehren sich mit einer Petition für | |
| > eine Gesetzesänderung. | |
| Bild: Bin ich auch gut zu hören? DJ bei der Arbeit | |
| Um die Clubs im Ostteil der Berliner Innenstadt ist es schlecht bestellt. | |
| Vor allem in Prenzlauer Berg und Mitte spitzt sich die Lage immer weiter | |
| zu. Das größte Problem der Clubs sind die Lärmbeschwerden der zugezogenen | |
| NachbarInnen. Während das Knaack deshalb bereits dichtmachen musste, laufen | |
| Konzerte im Roten Salon und im Schokoladen entweder nur noch auf | |
| Zimmerlautstärke, oder sie sind bereits um 22 Uhr zu Ende. Im September | |
| machten KlubbetreiberInnen aus Mitte mit einem Festival auf ihre prekäre | |
| Lage aufmerksam. | |
| Die Entwicklung ist kaum absehbar. Aktuell haben zwei Clubs in Prenzlauer | |
| Berg Probleme mit ihrer Nachbarschaft: der Klub der Republik (KdR) und das | |
| Icon. "Ich verstehe die Leute nicht. Sie wollen in einem belebten Kiez | |
| wohnen und gleichzeitig ihre Ruhe haben. Das geht aber nicht", sagt einer | |
| der Betreiber des KdR. | |
| Der Club in der Nähe des U-Bahnhofs Eberswalder Straße existiert seit zehn | |
| Jahren, in denen es nie Probleme gab. Doch als vor einem Jahr ein Anwalt im | |
| Dachgeschoss des angrenzenden Gebäudes einzog, stand immer wieder die | |
| Polizei vor der Tür. Die BetreiberInnen reagierten, schickten Leute vor dem | |
| Club auf der Straße weg und bauten eine Lautstärkebegrenzung in ihre Anlage | |
| ein. Das alles nützte nichts. Im Augenblick sammelt der Anwalt | |
| Unterschriften von anderen AnwohnerInnen, um Klagen gegen den Club in die | |
| Wege zu leiten. Die Mühe kann er sich jedoch sparen, denn das KdR hat auch | |
| Probleme mit dem neuen Hauseigentümer. Der will das Gebäude abreißen und | |
| stattdessen Eigentumswohnungen errichten. Vor zwei Monaten erhielten die | |
| Betreiber des Clubs die Nachricht, bis April kommenden Jahres ausziehen zu | |
| müssen. | |
| Nicht weit vom KdR entfernt hat auch das Icon mit einer lärmsensiblen | |
| Nachbarin zu kämpfen, die in diesem Sommer eine Wohnung über dem 15 Jahre | |
| alten Club bezog. Wie Icon-Macherin Pamela Schobeß berichtet, steht die | |
| Frau regelmäßig auf ihrem Balkon und fotografiert BesucherInnen des Clubs. | |
| In einem Gespräch habe die Nachbarin gesagt, vor ihrem Einzug nichts vom | |
| Icon gewusst zu haben. Wegen der permanenten Beschwerden eines anderen | |
| Nachbarn war dem Klub im August 2010 die Konzession entzogen worden. Nach | |
| öffentlichem Protest bekam er diese jedoch zwei Monate später zurück. | |
| ## Neuer Club in Kreuzberg | |
| Als Reaktion auf die drohende Schließung des Icon hatten die BetreiberInnen | |
| sich im Sommer 2010 nach einer neuen Immobilie umgesehen. Anfang dieses | |
| Monats eröffnete mit dem Gretchen in Kreuzberg die Schwester des Icon. Der | |
| Raum dort bietet mehr Platz und eine größere Bühne. Von einem endgültigen | |
| Umzug nach Kreuzberg sehen Schobeß und ihr Team aber ab. "Das Icon gehört | |
| zu Prenzlauer Berg, und das wird auch so bleiben, solange es geht", sagt | |
| die Chefin kämpferisch. | |
| In ihrer Verzweiflung über die Situation wenden sich die ClubbetreiberInnen | |
| an die Politik. Um den Beschwerden Einhalt zu gebieten und das Nachtleben | |
| in der Innenstadt zumindest bis Mitternacht zu sichern, wurde vom Kollektiv | |
| des Schokoladens Anfang August eine Onlinepetition gestartet. Mit ihr | |
| fordern die UnterzeichnerInnen das Abgeordnetenhaus auf, das | |
| Landesimmissionsschutzgesetz zu ändern. Sie plädieren für eine | |
| Ausnahmeregelung des Schutzes der Nachtruhe zwischen 22 und 24 Uhr für | |
| Geräusche, die durch Tonwiedergabegeräte und Musikinstrumente erzeugt | |
| werden. So soll erreicht werden, dass AnwohnerInnen sich nicht mehr auf das | |
| Gesetz berufen können, wenn sie sich von den Clubs gestört fühlen. | |
| Bis Ende der Frist am 4. Oktober hatten 1.541 Leute aus ganz Deutschland | |
| unterschrieben, unter ihnen viele Berliner ClubbetreiberInnen. In den | |
| kommenden Tagen soll die Liste im Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses | |
| eingereicht werden. Die Klubs kämpfen um ihr Fortbestehen, auch wegen ihrer | |
| Bedeutung für die Stadt. "Müssen wir dichtmachen, kommen auch deutlich | |
| weniger Touristen", sagt Icon-Betreiberin Schobeß. | |
| 14 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Dubro | |
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