# taz.de -- Merkel auf Gewerkschaftstag der IG Metall: Lob fürs Maßhalten | |
> Die Bundeskanzlerin bedankt sich bei der IG Metall für die gute | |
> Zusammenarbeit in der letzten Wirtschaftskrise. Ansonsten liegt man weit | |
> auseinander. | |
Bild: Kanzlerin in rotem Umfeld: Angela Merkel auf dem Gewerrkschaftstag. | |
FREIBURG taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Gewerkschaft für ihr | |
Maßhalten in der zurückliegenden Wirtschaftskrise gelobt. Als erstes | |
Industrieland habe Deutschland ein Produktionsniveau wie vor der Krise | |
erreicht. "Das haben Wirtschaft, Gewerkschaften und die Politik gemeinsam | |
geschafft. Die Sozialpartnerschaft in Deutschland hat sich in Zeiten der | |
Krise bewährt", sagte Merkel vor rund 480 Delegierten in Karlsruhe, wo die | |
IG Metall noch bis Samstag ihren Gewerkschaftstag abhält. | |
Merkel betonte, sie wünsche sich weiterhin eine konstruktive | |
Zusammenarbeit. Doch erntete die Kanzlerin auch Pfiffe: als sie die Rente | |
mit 67 verteidigte und sich gegen eine höhere Besteuerung von | |
Besserverdienenden aussprach. "Steuererhöhungen - insbesondere im | |
Einkommensteuerbereich - halte ich für kontraproduktiv", so Merkel. Sie | |
würden "eben auch mittelständische und kleine Unternehmen" treffen. Das | |
wolle sie vermeiden. | |
So zeigt sich, dass Kanzlerin und Gewerkschaft nicht wirklich an einem | |
Strang ziehen. Denn die IG Metall fordert in ihrer am Donnerstag | |
verabschiedeten "Karlsruher Erklärung" zur Eurokrise auch "gerechte | |
Besteuerungskorridore für alle EU-Mitgliedsländer, insbesondere in der | |
Unternehmens- und Einkommensbesteuerung und auch in der Besteuerung hoher | |
Vermögen und Erbschaften". | |
## IG Metall fordert weniger Leiharbeit | |
Die Gewerkschaft drängt zudem darauf, den Niedriglohnsektor einzudämmen. | |
Die Stärkung des Binnenmarkts sei ein ökonomisches Gebot der Stunde. Es | |
gehe aber auch um die "soziale Würde der Beschäftigten" und den | |
Zusammenhalt der Gesellschaft, wie Berthold Huber, Vorsitzender der IG | |
Metall, mehrfach betonte. Doch neue gesetzliche Initiativen zur Eindämmung | |
der Leiharbeit oder von 400-Euro-Minijobs strebt die schwarz-gelbe | |
Regierung nicht an. Die Kanzlerin sprach lediglich davon, dass sie | |
"Drehtüreffekte" der Leiharbeit verhindern wolle. Beschäftigte sollen nicht | |
mehr einfach gefeuert und kurz darauf im selben Betrieb als Leiharbeiter | |
wiedereingestellt werden können. | |
Die Gewerkschaft hingegen will ein deutliche Reduzierung von Leiharbeit in | |
den Betrieben, und wenn Leiharbeit, dann bitte für höchstens drei Monate. | |
Ab dem ersten Arbeitstag solle ein Leiharbeiter zudem für den gleichen Lohn | |
und zu gleichen Bedingungen arbeiten wie ein Stammbeschäftigter, | |
beschlossen die Delegierten in einem Forderungskatalog. Künftig müssten | |
zudem Betriebsräte das Recht bekommen, den Einsatz von neuen Leiharbeitern | |
abzulehnen. In Baden-Württemberg verhandelt die IG Metall darüber bereits | |
mit den Arbeitgebern. | |
Erstreiten will die Gewerkschaft auch mehr Mitbestimmung in den Betrieben | |
und an den Unternehmensspitzen, um ein "starkes Gegengewicht gegen die | |
Shareholder-Interessen" zu bilden. Konkret fordert die IG Metall, dass | |
Betriebsschließungen und -verlagerungen nur noch mit Zustimmung der | |
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat möglich sein sollen und | |
Beschäftigtenvertreter in Sanierungsfragen mehr Mitsprache erhalten. | |
Praktiziert wird dieses Modell bereits im VW-Konzern. | |
14 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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