# taz.de -- Medien in der ROCKER-HOCHBURG: Andrang unter Hirschgeweihen | |
> Wie in Walsrode einmal ein Radiosender über den Einfluss der Hells Angels | |
> sprechen wollte. Ein Ortstermin. | |
Bild: Eines von zahlreichen Objekten Wolfgang Heers: Das "Colosseum Bowling" in… | |
BREMEN taz | Vielleicht hätten die Plätze gereicht - wenn sich nicht so | |
viele Zivilpolizisten mit ihren schwarzen Gürteltaschen unter die Zuhörer | |
im hirschgeweihdekorierten Hermann-Löns-Saal gemischt hätten. So aber | |
drängten sich viele Zuhörer noch im Flur, um das Spektakel wenigstens | |
anhören zu können. | |
"Der lange Arm der Hells Angels - Wie gefährlich ist der Rockerclub?", | |
hatte der Sender Nordwestradio seine einstündige Live-Sendung genannt. | |
Ausgestrahlt wurde sie am Donnerstag aus der Stadt, die seit einem Jahr | |
immer wieder wegen der Hells Angels in den Schlagzeilen steht. | |
Von Walsrode aus hat Wolfgang Heer, als Schatzmeister eine der bundesweit | |
wichtigsten Figuren der Hells Angels, binnen drei Jahrzehnten ein kleines | |
Firmenimperium aufgebaut: Neben etlichen Rotlichtbetrieben besitzt er | |
zusammen mit dem hannoverschen Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth eine | |
Security-Firma. Die sichert vor allem Hanebuths Bordellbetriebe in der | |
Landeshauptstadt, aber auch Walsroder Stadtmarketing nimmt die Dienste von | |
"Bodyguard-Security" dann und wann in Anspruch. Weil Heer dort immer wieder | |
Vereine und Institutionen mit Spenden unterstützt, ist er in der Stadt ein | |
geachteter Mann. Die Polizei dagegen sieht die Rocker tief in die | |
organisierte Kriminalität verstrickt. | |
Als in Walsrode zum letzten Mal öffentlich über dieses Thema diskutiert | |
wurde, kamen mehr als 500 Menschen, darunter eine dreistellige Zahl von | |
Höllenengeln. "Beängstigend" sei das gewesen, erinnern sich manche, die | |
dabei waren. Organisiert hatte die Diskussion im Sommer 2010 der grüne | |
Ratsherr Detlef Gieseke. "Ein Unding" nennt er die städtische Kumpanei mit | |
dem Rotlicht-Boss. Damals war außer ihm kein einziges weiteres Ratsmitglied | |
erschienen, obwohl kurz zuvor ein Anschlag auf Fahrzeuge von Familie | |
Gieseke verübt worden war. | |
"In Walsrode für Sicherheit zu sorgen, ist Aufgabe der Polizei und nicht | |
der Hells Angels", sagte Gieseke nun. "Die Polizei hat uns schon 2010 ihre | |
Ächtung empfohlen." Ihm gegenüber, in der ersten Reihe, saßen Heer und | |
Hanebuth. Aufs Podium durfte Heer nicht: Andere Gäste hätten das nicht | |
gewollt, zudem habe Nordwestradio befürchtet, dass es "am Ende noch | |
polemisch geworden" wäre, sagte eine Redakteurin. Ein Wortbeitrag Heers | |
wurde daher vorher aufgezeichnet: "Das geht hier persönlich gegen mich", | |
war zu hören, "die Familie leidet, die Kinder werden schräg angeguckt." | |
Nach der Sendung gab Heer einem Kamerateam ein Interview: Die Rocker | |
bedrohten in Walsrode niemanden, "hier passiert nichts". Er sei | |
zuversichtlich, dass die laufenden Ermittlungsverfahren eingestellt würden: | |
"Wenn das so gravierend wäre, wäre ich jetzt nicht hier." Während Hanebuth | |
anerkennend nickte, schob Heer hinterher: "Ich habe keinen Heiligenschein | |
auf dem Kopf, aber ich stehe aufrecht und werde niemals niederknien. | |
Niemand wird mich zwingen, bei den Hells Angels aufzuhören." | |
Das ganze sei bloß eine Show, sagte auch der Vorsitzende der | |
CDU-Kreistagsfraktion im Heidekreis, Hermann Norden. "Die Situation wird | |
überschätzt." Die Medien sollten lieber mal "über Wirtschaftsförderung" in | |
Walsrode berichten. | |
Andreas Kühn, beim Landeskriminalamt Niedersachsen für die | |
Rockerkriminalität zuständig, dankte hingegen für die "kritische | |
Berichterstattung": Seit 2009 seien die Hells Angels bundesweit für vier | |
Tötungsdelikte verantwortlich, so Kühn. "Sie nennen sich nicht bloß | |
Gesetzlose." Die mit Heer arbeitenden Geschäftsleute in der Stadt müssten | |
sich fragen lassen, ob für sie "nur das Geld zählt oder nicht auch die | |
Moral". | |
14 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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Dichter | |
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