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# taz.de -- Brain-Drain aus Deutschland: Flucht vor dem Numerus Clausus
> Weil mehr junge Deutsche studieren wollen, steigt in vielen Fächern der
> NC. Die Abiturienten gehen deshalb lieber im Ausland studieren und nehmen
> sogar Studiengebühren in Kauf.
Bild: Unglaubliche Betreuung: Professoren der Radboud Universität Nijmegen.
BERLIN taz | Ausgerechnet ihren müden Füßen verdankt Patricia van der Berg
ihr Traumstudium. Den ganzen Tag war die Abiturientin über eine
Ausbildungsmesse gelaufen. Weil die Füße weh taten, setzte sie sich in eine
Infoveranstaltung. Auf dem Podium: ein Vertreter der Universität Nijmegen
in den Niederlanden. Heute blickt Patricia auf drei Jahre Studium in den
Niederlanden zurück.
In Nijmegen studiert die 22-Jährige Molekulare Lebenswissenschaften, eine
Mischung aus Biologie, Chemie und Medizin. Um an einer deutschen Uni
Biomedizin studieren zu können, hätte Patricia einen Abischnitt von 1,1
gebraucht, erinnert sie sich. "Mit meiner Abinote von 1,5 hätte ich auf
jeden Fall auf den Studienplatz warten müssen."
In vielen Fächern ist der Numerus Clausus in den vergangenen Jahren spürbar
höher geworden. Hintergrund sind die steigenden Studierendenzahlen in
Deutschland: Seit Jahrzehnten sind diese kontinuierlich gestiegen, bis auf
rund 2,2 Millionen im vergangenen Jahr. Wer durch höhere Zugangshürden in
Deutschland keinen Studienplatz bekommt, den zieht es nach dem Abitur immer
häufiger direkt ins Ausland. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes
waren 2008 fast 80.000 Deutsche im Ausland eingeschrieben - mehr als
doppelt so viele wie noch zu Beginn des Jahrzehnts.
Auch Experten bestätigen den Trend zum kompletten Studium im Ausland.
"Nachdem die deutschen Hochschulen ihre Ablehnungen verschickt haben, ist
die Zahl der Anfragen in den letzten Wochen nochmals stark gestiegen", sagt
Hilka Leicht vom International Education Centre (IEC), einer Vermittlung
für Auslandsstudienplätze. Besonders attraktiv seien wirtschaftliche
Studiengänge. "Wirtschaft ist ein Bereich, wo Studierende später
international vernetzt sein müssen", sagt Hilka Leicht. Fächer wie Lehramt,
Architektur oder Jura machten im Ausland hingegen weniger Sinn.
## Abinote spielt keine Rolle
Am beliebtesten bei den deutschen Exilanten sind Österreich, die
Niederlande und Großbritannien. Studierten im Jahr 2000 noch 5.633 Deutsche
in Österreich, waren es 2008 bereits gut dreimalso viele (19.544). Noch
deutlicher ist der Trend in den Niederlanden. 2000 studierten dort 2.348
Deutsche, 2008 waren es fast acht mal so viele (18.279).
An der Radboud Universität Nijmegen setzt sich diese Entwicklung fort. Im
vergangenen Jahr studierten dort 1.166 Deutsche. Dieses Wintersemester
erwartet die Hochschule einen Anstieg von zehn Prozent. Dort ist man über
das Interesse aus Deutschland erfreut. Jedes Jahr werben die Radboud
Universität und andere niederländische Hochschulen auf Karrieremessen um
den Nachwuchs aus Deutschland.
Während an deutschen Unis die Zugangshürden steigen, spielt die Abinote in
den Niederlanden keine Rolle. Patricia van der Berg musste nur nachweisen,
in der Schule einen Leistungskurs Biologie oder Chemie besucht zu haben.
Auch nach drei Jahren Studium ist sie noch immer begeistert. "Die Fakultät
ist supermodern und wir haben ein unglaubliches Betreuungsverhältnis,"
schwärmt die 22-Jährige. Rund 850 Euro Studiengebühren werden dafür pro
Semester fällig - die bezahlen ihre Eltern.
650 Kilometer trennen sie von ihrer Heimatstadt Berlin. "Die Sprache,
Heimweh, das erste halbe Jahr war schwierig", erinnert sie sich. Doch
gerade die Offenheit der Niederländer hat Patricia zu schätzen gelernt.
Deshalb musste die 22-Jährige auch nicht lange überlegen, wie es nach dem
Bachelor weitergehen soll. "Den Master mache ich auf jeden Fall noch in
Nijmegen."
17 Oct 2011
## AUTOREN
Jakob Schulz
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