# taz.de -- Papuas Unabhängigkeitsbewegung: Schüsse auf dem Volkskongress | |
> Auf einem Kongress mit zehntausend Menschen fordern die Papua-Vertreter | |
> Unabhängigkeit von Indonesien. Doch Jakartas Militär und Polizei | |
> antworten mit Gewalt. | |
Bild: Ihr Vergehen? Teilnahme am Volkskongress. | |
JAKARTA taz | Begleitet von Schüssen von Militär und Polizei ist am | |
Mittwoch in Jayapura der "Dritte Volkskongress von Papua" zu Ende gegangen. | |
Zehntausend Menschen der umgangssprachlich Papua genannten östlichsten | |
Region Indonesiens, die 2003 in die Provinzen Papua und Westpapua | |
aufgeteilt wurde, hatten in Jayapura die Zukunft ihrer Heimat diskutiert. | |
"Nach Verlesen der Abschlusserklärung nahm die Polizei zwei Papua-Führer | |
fest. Darauf wurden die anwesenden Massen ärgerlich, die Stimmung unruhig. | |
Dann fielen auf einmal Schüsse", berichtete ein Augenzeuge telefonisch der | |
taz. Festgenommen wurden Forkorus Yaboisembut, Vorsitzender des | |
Traditionsrates der Papua, sowie Edison Waromi, ein prominenter | |
Unabhängigkeitsbefürworter. | |
In der Erklärung war die Unabhängigkeit Papuas gefordert sowie die Bildung | |
einer Übergangsregierung verkündet worden. Auch wurde die Wiederholung des | |
von Jakarta manipulierten UN-Referendums von 1969 verlangt. Anschließend | |
wurden laut Medienberichten Dutzende Zivilisten von Polizisten verprügelt. | |
Nach Angaben lokaler Reporter soll es mindestens ein Todesopfer gegeben | |
haben, offizielle Zahlen gab es zunächst nicht. | |
Ausländischen Journalisten ist die Einreise in die Region, die 1969 nach | |
dem fragwürdigen UN-Referendum Indonesien zugeschlagen wurde, verboten. Im | |
ressourcenreichen Papua fördern internationale Konzerne Bodenschätze, | |
während große Teile der indigenen Bevölkerung in bitterer Armut leben. Auf | |
Unabhängigkeitsbestrebungen reagierte Jakarta jeweils mit stärkerer | |
Militärpräsenz. 2001 gestand die Regierung Papua zwar eine Sonderautonomie | |
zu. Doch die sehen viele als gescheitert an, da sie nur die Eliten | |
bereicherte. | |
## Ein horizontaler Konflikt | |
Die Gewalt hatte sich bereits in den letzten Monaten verschärft. Mehrere | |
Dutzend Menschen kamen bei gewaltsamen Übergriffen ums Leben. "Wie es | |
scheint, haben bestimmte Gruppen ein Interesse daran, den Konflikt in Papua | |
auf eine andere Ebene zu bringen", sagt Neles Tebay, Pfarrer und Gründer | |
des Friedensnetzwerks Papua. "Der Papua-Konflikt ist ein vertikaler | |
Konflikt, zwischen Papuas Lokalbevölkerung und der Regierung in Jakarta. | |
Aber durch diese Gewaltakte wird daraus ein horizontaler Konflikt zwischen | |
den Menschen in Papua selbst." | |
Gewalt gab es zuletzt auch wieder bei der vom US-Konzern Freeport bei | |
Timika betriebenen weltgrößten Goldmine. Am Freitag waren drei | |
Freeport-Mitarbeiter auf einer Straße zur Mine erschossen worden. | |
Die Gewalteskalation erhöht den Druck auf Jakarta, eine Lösung für Papuas | |
Probleme zu finden. Er sei trotz vieler Probleme optimistisch, was | |
Gespräche zwischen den Konfliktparteien angehe, sagt Tebay. Immerhin habe | |
sich Jakarta zuletzt gesprächsbereit gezeigt. Gerade habe Präsident Susilo | |
Bambang Yudhoyono einen Erlass zur schnelleren Entwicklung in Papua | |
unterzeichnet und mit Farid Husain einen respektierten Vermittler im | |
Aceh-Konflikt als Sonderbeauftragten für Papua ernannt. "Das sind alles | |
sehr positive Zeichen", so Neles Tebay. | |
Doch Vertreter von Papuas Zivilgesellschaft fühlen sich nicht genügend | |
einbezogen. "Unsere Heimat ist so reich, doch nichts von diesem Reichtum | |
bleibt bei uns. Wir werden von Jakarta wie Ausländer im eigenen Land | |
behandelt. Da wünschen sich dann eben viele Unzufriedene, dass wir | |
unabhängig werden," sagt Marthen Thesias. Er ist Pfarrer in Sorong | |
(Westpapua), wo es riesige Erdölvorkommen gibt. | |
19 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Anett Keller | |
Anett Keller | |
## TAGS | |
Indonesien | |
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