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# taz.de -- Goethe-Institut tanzt mit dem Teufel: Tränen, Farben, Emotionen
> Otto Dix schmückt die Modewoche der usbekischen Diktatorentochter Gulnara
> Karimowa in Taschkent. Das Goethe-Institut nennt das kulturellen
> Austausch.
Bild: Kann auch Mode: Otto Dix "Soubrette".
Zu einem "Mix aus Träumen, Farben und Emotionen" soll die am Sonntag in
Taschkent beginnende Mode- und Kulturwoche "Style.uz/ArtWeek" werden. Das
Goethe-Institut ist mit dabei. Das deutsche Kulturinstitut wirbt auf dem
Event mit einer Otto-Dix- Ausstellung und einem Workshop an der
Kunsthochschule für den "kulturellen Austausch", wie Christine Regus, die
Sprecherin des Goethe-Instituts in Berlin, erklärt.
Style.uz, die seit 2007 jährlich von der usbekischen Stiftung Fundforum
veranstaltete Modewoche, soll glänzen und funkeln wie der rotgelbe
Feuerkreis auf der Webseite, auf der in diesem Jahr neben dem grünen Emblem
des Goethe-Instituts auch die Logos des Institut Francais und des British
Council als Partner prangen.
Die Stiftung Fundforum wird von Gulnara Karimowa, der ältesten Tochter des
usbekischen Präsidenten Islam Karimow, beherrscht. Das zentralasiatische
Land an der afghanischen Grenze hat sich unter seiner Herrschaft zu einer
der schlimmsten Despotien weltweit entwickelt.
Unvermindert treffen aus Usbekistan Berichte über Folter und schwerste
Menschenrechtsverletzungen bei den internationalen
Menschenrechtsorganistationen ein. Alljährlich zwingt der usbekische Staat
Millionen von Kindern in die Baumwollernte. Im Herbst, wenn Style.uz
feiert, pflücken Kinderhände den letzten Flausch von den Sträuchern.
Die 39-jährige Karimowa ist Botschafterin ihres Landes in Genf und Spanien
und zelebriert sich auf ihrer Webseite als Multitalent. Die Schmuck- und
Modedesignerin schreibt Gedichte und politische Aufsätze und engagiert sich
weltweit auf Aidsgalas. Dass in ihrem Land Antiaidsaktivsten verfolgt
werden, stört weder sie noch die beteiligten Charity-Organisationen.
Fundforum ist Karimowas Kronjuwel, über das sie Festivals in ihrem Land
organisiert, zu denen sie für Unsummen Stars wie den Rocksänger Sting oder
denFußballer Cristiano Ronaldo einlädt. Das Eröffnungskonzert der
Style.uz/ArtWeek dirigiert in diesem Jahr der italienische Komponist Ennio
Moricone, in der 2009 für eine Milliarde Euro errichteten Kongresshalle,
für deren Fertigstellung deutsche Mittelständler gearbeitet haben, die
immer noch auf unbezahlten Rechnungen sitzen.
"Es ist fatal, dass das Goethe-Institut eine solche Kooperation eingeht und
dafür Steuergelder ausgegeben werden", sagt die grüne Bundestagsabgeordnete
Viola von Cramon. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch
wundert das Engagement der europäischen Kulturstiftungen. "Wir sind gegen
einen kulturellen Boykott von Despotien, in diesem Fall laufen die
Kulturinstitute jedoch Gefahr, vor allem der Legitimation von Gulnara
Karimowa und dem usbekischen Regime zu dienen", sagt Hugh Willamson von HRW
in Berlin.
## Wie eine Krake
Hilft das Goethe-Institut also den Public Relations einer Diktatorentocher?
"Ob man alle Projekte von Fundforum so beurteilen muss, ist zu bezweifeln",
entgegnet die Sprecherin der Goethe-Instituts. Nicht zu bezweifeln ist,
dass ohne das Fundforum, das wie eine Krake alle Bereiche des kulturellen
Leben in Usbekistan erfasst, Kulturarbeit kaum möglich ist.
Die Nähe zu Karimowa ist daher inzwischen international eher verpönt. Als
sie auf der diesjährigen Mercedes Benz Fashion Week ihre Modemarke Guli
vorstellen wurde, berichtete die New York Post unter der knackigen
Schlagzeile "So long Torture victim, Hello Fashion victim" über die
schweren Menschenrechtsverletzungen im Land der Modeschöpferin.
Gulnara Karimowa wurde aus dem Programm geworfen. "Daimler hat kein
Interesse daran, Personen, denen Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen
werden können, eine öffentliche Plattform zur Verfügung zu stellen", ließ
die Sprecherin des Konzerns das Fallbeil niedergehen.
Vor einer Kooperation mit Stiftungen einer Herrscherfamilie sollten, sagt
der Sprecher von Human Rights Watch, mindestens klare Zusagen zur
Verbesserung der Menschenrechtslage stehen. Die deutsche Kultureinrichtung
hat darauf nicht bestanden. "Das Goethe-Institut wirkt mit seiner
Arbeitsweise anders", sagt seine Sprecherin.
21 Oct 2011
## AUTOREN
Marcus Bensmann
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