# taz.de -- Hertha erneut schwach: Fünf Minuten Offensive reichen nicht | |
> Aufsteiger Hertha BSC spielt gegen Mainz nur 0:0 und kann froh über einen | |
> Punkt sein. Wie in München agieren die Berliner ängstlich. | |
Bild: Seine Pausenansprache blieb ohne Wirkung: Herthas Trainer Markus Babbel | |
Es gab da diesen Moment in der 83. Minute, in der Hertha den Schalter | |
umlegte. Trainer Markus Babbel hatte zuvor Peter Niemeyer für Fabian | |
Lustenberger eingewechselt, und der zeigte, was ein Führungsspieler ist. | |
Niemeyer erkämpfte die erste Ecke für die Berliner, und plötzlich war auch | |
das Publikum wieder da. Fünf Minuten schnürte Hertha die Mainzer in der | |
eigenen Hälfte ein. Doch die Torchance, die sich daraus ergab, vergab | |
Raffael kläglich. Fünf Minuten Offensive sind eben zu wenig. Am Ende | |
konnten die Berliner froh sein, ein 0:0 gegen wesentlich wachere Mainzer | |
gehalten zu haben. | |
Vor dem Spiel hatte Babbel gesagt: "Meine Mannschaft ist in München | |
hingefallen. Sie wird aber gegen Mainz wieder aufstehen. Das Team hat einen | |
sehr guten Charakter." Sollte wohl heißen: Die Spieler haben beim | |
kläglichen 0:4 beim Tabellenführer keinen Knacks bekommen und finden die | |
richtige Antwort. So wie beim 3:0 gegen Köln nach dem unglücklichen 1:2 bei | |
Werder Bremen. | |
Doch schon nach dem Anpfiff schwante den 47.064 Zuschauern im | |
sonnig-herbstlichen Olympiastadion, dass der Charakter des Teams wohl doch | |
nicht so gut ist. Das frühe Pressing der Mainzer entlarvte bei fast jedem | |
Herthaner die altbekannten Schwächen: Linksverteidiger Levan Kobiashvili | |
machte die rechte Seite des Gegners stark, Andreas Ottl spielte lieber | |
Richtung eigenes Tor als das des Gegners, Stürmer Adrian Ramos lies die | |
Zuspiele abprallen, statt sie anzunehmen. Plötzlich agierte auf dem Rasen | |
wieder jener konzeptlose Hühnerhaufen, der beim Eröffnungsspiel gegen den | |
1. FC Nürnberg keine einzige Torchance kreierte - und am Ende 0:1 verlor. | |
Einen Sieg hätte der FSV Mainz verdient gehabt. Dass es am Ende beim 0:0 | |
blieb, hatte Hertha alleine Torhüter Kraft zu verdanken. Der 21-Jährige | |
verhinderte mit klasse Paraden gleich zweimal die Mainzer Führung - gegen | |
Elkin Soto in der 32. und gegen Andreas Ivanschitz in der 57. Minute. Der | |
Ex-Bayer, der unter Trainer Louis van Gaal beinahe den Sprung zum | |
Stammtorwart geschafft hatte, wegen einiger Patzer aber degradiert wurde, | |
wird von Spiel zu Spiel sicherer. Seine Mannschaft dagegen, kritisierte | |
Kraft, war "zu wenig aggressiv". | |
Bleibt die Frage, warum Hertha derzeit zwei Gesichter hat: das aggressive | |
und laufstarke wie gegen Köln, Bremen und Dortmund und das ängstliche, | |
geradezu panische wie gegen Mainz, München und Nürnberg? "In der ersten | |
Hälfte waren wir viel zu lethargisch, viel zu passiv", sagte Hertha Kapitän | |
Andre Mijatovic. In der zweiten Hälfte war Hertha - abgesehen von den fünf | |
Minuten Offensive - auch nicht besser. Offenbar ist die Pausenansprache des | |
Trainers Sache nicht. | |
Es war auch Markus Babbel, der nach dem Spiel auf der Pressekonferenz | |
bekannte: "Ich war froh, als der Schiedsrichter abgepfiffen hat." Mainz | |
habe gut gespielt: "Das muss man einfach einmal neidlos anerkennen", sagte | |
Babbel und deutete an, dass vor allem der Kopf den Berlinern zu schaffen | |
macht. "Mainz weiß, wie die Bundesliga funktioniert. Wir müssen das erst | |
lernen." | |
Gut für Hertha, dass am Mittwoch in der zweiten Runde des DFB-Pokals mit | |
Rot-Weiß Essen ein sogenannter Aufbaugegner ansteht. Es sei denn, Hertha | |
spielt in Essen mit noch mehr Blei an den Beinen als gegen die zuletzt in | |
sieben Spielen sieglosen Mainzer. | |
Dann wäre, nach dem erstaunlichen Start des Aufsteigers, plötzlich wieder | |
das Wort vom Abstiegskampf da. Vielleicht sollte Manager Michael Preetz mal | |
Ausschau halten nach einem Teampsychologen. | |
23 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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