# taz.de -- Fußball-Bundesliga: Polizeieinsatz verärgert Fans | |
> Angeblich wollten Fans von Hannover 96 verbotene Pyrotechnik ins Spiel | |
> gegen Bayern München schmuggeln. Die Polizei griff hart durch, | |
> Knallkörper aber fand sie nicht. | |
Bild: Reizgas gegen Fußballfans: mäßig zimperlicher Polizeieinsatz im hannov… | |
HAMBURG taz | Auf die Tumulte in Block N 16, wo sonst am meisten Stimmung | |
gemacht wird, folgte ein gespenstisches Bild. Dass ausgerechnet der | |
2:1-Heimsieg gegen Bayern München, das vielleicht wichtigsten Spiel der | |
laufenden Saison, von einem Polizeieinsatz, von Gewalt und Protesten | |
überlagert wurde, trübt die Freude beim Fußball-Bundesligisten Hannover 96. | |
"Schade, dass unsere tollen Fans dieses super Spiel nicht sehen konnten", | |
sagte Mittelfeldspieler Sergio Pinto mit Blick auf einen Vorfall, der rund | |
100 sogenannte Ultras sowie offenbar auch unbeteiligte Anhänger betraf: Bei | |
der Suche nach verbotenen Feuerwerkskörpern waren Fans und Ordner in Streit | |
geraten, den zu Hilfe gerufene Polizisten unter Anwendung von Gewalt | |
beendeten. Als die Partie um 17.30 Uhr angepfiffen wurde, war Block N 16 | |
aus Protest der Fans leer - und das blieb er das gesamte Spiel über. | |
Augenzeugenberichten zufolge griff die Polizei vor der Partie am frühen | |
Sonntagabend ungewöhnlich massiv ein, setzte neben Schlagstöcken auch | |
Reizgas ein. Nach Angaben eines Sanitätsdienstes sollen bei den Vorfällen, | |
vor allem durch den Einsatz des Pfeffersprays, 36 Personen leicht verletzt | |
worden sein. "Ein Fußballstadion ist kein rechtsfreier Raum", sagt Thorsten | |
Schiewe, Sprecher der Polizeidirektion Hannover. "Weil es zu Gewalt gegen | |
Einsatzkräfte gekommen ist, ist auch Pfefferspray zum Einsatz gekommen." In | |
der Hoffnung, einzelne Beteiligte ausfindig zu machen, hat die Polizei ein | |
Strafverfahren wegen Landfriedensbruch gegen unbekannt eröffnet. | |
Der Streit um die Pyrotechnik, die unter Hinweis auf Verletzungsgefahr in | |
Stadien verboten ist, kocht in Hannover hoch: Die 96er-Vereinsführung mag | |
sich aus sicherheitstechnischen Gründen mit Böllern und Leuchtkerzen nicht | |
anfreunden. Am Sonntag soll nun "berechtigter Verdacht" bestanden haben, | |
einige der Ultras hätten in Fahnen versteckt verbotene Pyrotechnik ins | |
Stadion gemogelt. Als die gefährlichen Mitbringsel nun gezielt gesucht und | |
Fan-Utensilien beschlagnahmt werden sollten, eskalierte die Situation | |
zwischen Fans, die sich provoziert und Ordnern, die sich bedroht gefühlt | |
hatten, mit dem Einsatz der Polizei. | |
Schnell erloschen war da die Hoffnung auf Ruhe - rund um ein Thema, das | |
Hannover 96 viel Ärger und hohe Geldstrafen durch die Deutsche Fußball-Liga | |
sowie den europäischen Fußball-Verband (Uefa) beschert. Martin Kind, | |
Präsident von Hannover 96, und Geschäftsführer Jörg Schmadtke hatten sich | |
in der Vorwoche mit einer Abordnung der Ultras getroffen, um sich intensiv | |
und lange auszutauschen. "Höher kann man das Thema bei uns nicht hängen", | |
sagt Vereinssprecher Alex Jacob. "Beide Gruppen haben ihre Positionen | |
deutlich gemacht. Aber wir haben auch deutlich gesagt, dass wir mit | |
Pyrotechnik im Stadion ein Problem haben." | |
Nur einen Tag nach dem Hintergrundgespräch hatte der harte Kern der Fans | |
dem Verein wieder Ungemach beschert: Während des Europa-League-Spiels gegen | |
den FC Kopenhagen brachten sie erneut Pyro-Technik zum Einsatz. Die | |
Rauchschwaden fanden Berücksichtigung in einem Bericht der Uefa. Die hat | |
bereits ein Disziplinarverfahren gegen 96 eingeleitet. | |
24 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Otto | |
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Spätestens nachdem sich der Pyro-Verdacht als falsch erwiesen hat, muss man | |
die ganze Aktion skandalös nennen. |