# taz.de -- Sondermüll unterwegs: Asbest-Tour durch halb Norddeutschland | |
> Tausende Tonnen gefährlichen Abfalls werden von Hannover nach Mecklenburg | |
> gekarrt. Die eine Deponie soll einem Gewerbegebiet weichen, die andere | |
> ist dankbar für die Arbeit. | |
Bild: Man wundert sich, dass sie nicht alle tot vom Himmel fallen: Möven auf d… | |
HAMBURG taz | Eine Sondermüllhalde bei Hannover soll auf die Deponie | |
Ihlenberg bei Lübeck verfrachtet werden. 160.000 Tonnen Asbestschlamm aus | |
Wunstorf-Luthe sollen ab November auf Lastwagen verfrachtet und 250 | |
Kilometer weit durch Norddeutschland kutschiert werden. Weitere 25.000 | |
Tonnen asbesthaltige Scherben werden nach Rondeshagen bei Ratzeburg | |
gebracht. Für das Herrichten der bestehenden Deponie gebe es in Luthe | |
keinen Platz und außerdem kein Fördergeld von der Europäischen Union (EU), | |
sagt Klaus Abelmann, der Sprecher der Region Hannover. | |
Der Asbest-Abfall stammt aus der Produktion der ehemals bedeutendsten | |
Asbestfabrik Deutschlands: der Firma Fulgurit in Luthe. Das ehemalige | |
Wundermineral - säurebeständig und hitzefest - wurde vor allem nach dem | |
Zweiten Weltkrieg im großen Stil verbaut und macht heute aufwändige | |
Gebäudesanierungen notwendig. Gefährlich ist der faserige Staub, in den der | |
Stoff zerfällt: Eine Faser in der Lunge kann schon Krebs auslösen. | |
Fulgurit hat die Rückstände seiner Produktion auf einer großen Halde direkt | |
neben der Fabrik gelagert. Nach Angaben der Region Hannover sind sie nur | |
mit wenigen Zentimetern Erde bedeckt und wild mit Birken bewachsen. Werde | |
eine der Birken umgeweht und das Asbest frei gelegt, könnten gefährliche | |
Fasern vom Winde verweht werden. | |
Dass die Halde abgebaut und nicht vor Ort saniert werden soll, hat | |
verschiedene Gründe: Die Halde müsste dick mit Erde überdeckt werden. "Mal | |
eine Schaufel Mulch reicht da nicht", sagt Regionssprecher Abelmann. Das | |
bedeutet, es müsste entweder eine Spundwand gebaut oder eine Böschung | |
aufgeschüttet werden. Für letzteres reiche aber der Platz nicht. | |
Eine solche "Einhausung" wäre von der EU auch nicht gefördert worden, sagt | |
Abelmann. Denn das Geld gebe es unter anderem für das Flächenrecycling. Die | |
benachbarte Logistikfirma Neukirch warte schon darauf, sich hier breit | |
machen zu können. | |
Dass das Asbest jetzt nach Ihlenberg, die zu DDR-Zeiten Deponie Schönberg | |
hieß, gebracht werden soll, freut den Geschäftsführer der dortigen | |
Sondermülldeponie, Berend Krüger. "Ich kann das gut gebrauchen", sagt er. | |
40 Lastwagen täglich über 130 Tage hinweg werden das Geschäft der | |
weitläufigen Deponie beleben. Seine Leute seien qualifiziert für das | |
Annehmen von Asbest-Abfällen, sagt Krüger, und sie hätten Routine. Immer | |
wieder werde Asbest aus Abbrucharbeiten angeliefert. | |
Warum dann sein Vorgänger den Müll aus Hannover dankend abgelehnt hat? - | |
2008 seien die Geschäfte der Deponie Ihlenberg sehr gut gelaufen. "Sie | |
konnte sich vor besser bezahlten Sonderabfällen kaum retten", sagt Krüger. | |
Der Sondermüll aus Hannover hatte deshalb zunächst auf die nahe bei | |
Hannover gelegene Deponie Lahe gebracht werden sollen. Anwohner verzögerten | |
das Verfahren durch Klagen bis die Genehmigung der Deponie ausgelaufen war. | |
Eine weitere Deponie im brandenburgischen Deetz hätte erst noch eine | |
Zulassung für den Asbestzement aus Wunstorf-Luthe beantragen müssen. | |
Die Region Hannover als Abfallbehörde geht davon aus, dass sich der | |
Transport nach Ihlenberg gefahrlos bewerkstelligen lässt. Die | |
Asbest-Scherben sollen in große Baustoffabfallsäcke gepackt, der | |
Asbestschlamm mit der Baggerschaufel auf Lastwagen geschüttet werden. Wenn | |
der Schlamm feucht bleibe, so die Annahme, werden sich keine Fasern lösen. | |
Auf den Lastwagen wird der Asbestschlamm mit Schaum bedeckt und mit einer | |
Plane überzogen. | |
Anfang November würden die ersten Transportversuche gemacht, sagt | |
Regionssprecher Abelmann. Sie sollen zeigen, dass keine Fasern in | |
nennenswertem Umfang in die Luft gelangen. Ein weiterer Test habe bereits | |
ergeben, dass das Abbaggern gefahrlos zu meistern sei. | |
24 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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