# taz.de -- Demo gegen Wohnungsmisere: Mietenspiegel im Protest-Fokus | |
> 6.000 Menschen demonstrieren gegen den Mietenwahnsinn. Trotz | |
> Polizeispalieren, einzelnen Schlägen und Pfefferspray laufen sie ihre | |
> Route zu Ende. | |
Bild: Protestieren gegen zu hohe Mieten und Wohnungsnot: 6.000 Hamburger. | |
Großprotest gegen die Wohnungsmisere: Mehr als 6.000 Menschen | |
demonstrierten am Samstagmittag gegen Wohnungsnot, Mieterhöhungen, | |
Büroflächenleerstand und Vertreibung durch Gentrifizierung. Anlass des | |
Protestes war die Veröffentlichung des neuen Mietenspiegels am Mittwoch, | |
der inzwischen von Wohnungseigentümern als Instrument genutzt wird, Mieten | |
anzuheben. "Dort wird aufgelistet, was teurer wird", sagt eine Rednerin, | |
"und erklärt, warum das Andere auch teurer werden darf." | |
Der Marsch unter dem Motto "Mietenwahnsinn stoppen - Wohnraum | |
vergesellschaften" begann am Millerntorplatz, wo ein Obdachloser seine | |
aussichtslose Situation schilderte. Mit Transparenten wie "Ein Quadratmeter | |
zur freien Verfügung" oder "Die Zeit ist reif - Artikel 15 Grundgesetz - | |
Wohnraum vergesellschaften" zog die Demo entlang der "Tanzenden Türme", dem | |
leer stehenden Astra-Turm, dem Bavaria-Quartier und dem | |
Empire-Riverside-Hotel. Dort war der neue Wasserwerfer "Wawe 10.000" | |
postiert, der sich harmonisch in das Design der Fassade einfügte. | |
Die Route war ursprünglich von der Polizei verboten worden, weil sie | |
angeblich die Sicherheit der Gentrifizierungs-Symbole nicht gewährleisten | |
konnte. Das Oberverwaltungsgericht hob jedoch diese Einschränkung des | |
Demonstrationsrechts auf. Die Veranstalter hatten darauf bestanden, die | |
Orte der Vertreibung alter St. Paulianer aufzusuchen. Zudem sollte auf eine | |
Stippvisite zu den Hafenstraßen-Häusern als Zeichen für Vergesellschaftung | |
von Wohnraum nicht verzichtet werden. | |
Kaum weg von der Reeperbahn, zogen an den Seiten der Demonstranten | |
Polizeikräfte auf. Vor allem um die Autonomen bildeten Beamte enge Ketten - | |
sie schubsten und stießen. Zuvor war eine Farbflasche auf das Büro des | |
SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Andy Grote geworfen worden. Die Demo musste | |
in der Bernstorffstraße oft stoppen. Zur Eskalation wäre es fast gekommen, | |
als die Autonomen auf einer der engen Straßenseiten die Polizisten so | |
blockierten, dass diese die Formation verloren. Andere Polizeikräfte | |
drangen in den Menge ein, schlugen und traten zu und sprühten Pfefferspray | |
in Gesichter. | |
Auch in der Chemnitzstraße gab es Stress, da die Polizei erneut ein Spalier | |
aufziehen wollte, als gerade die Bewohner des Hausprojekts die Demo mit | |
Luftballons begrüßten. Ein taz-Mitarbeiter, der die Situation beobachtete, | |
wurde trotz Vorzeigens des Presseausweises von Beamten zu Boden gestoßen | |
und verletzt. Nach einem Zwischenstopp an der Ikea-Baustelle endete der | |
lange Marsch am Alma-Wartenberg-Platz, wo an einem Haus die Parole entrollt | |
wurde: "Schöner Wohnen, ohne Miete - Boykottieren, besetzen, bewohnen." | |
30 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
K. von Appen | |
A. Speit | |
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