# taz.de -- Anschlag auf Anwalt: Todesdrohung gegen Rocker-Kritiker | |
> Genau ein Jahr nach einer Veranstaltung zu den Hells Angels in Walsrode | |
> verüben Unbekannte einen Anschlag auf das Haus eines Rechtsanwalts. Er | |
> gehört zu den wenigen, die sich öffentlich besorgt zeigten. | |
Bild: Schmierereien und ein angezündeter Müllcontainer: das Haus des Waldsrod… | |
HAMBURG taz | Unbekannte haben einen Anschlag auf das Anwesen des Walsroder | |
Rechtsanwalts Thomas Lasthaus verübt. In der Nacht zum Donnerstag zündeten | |
sie den Müllcontainer der Familie an. Auf die Wand daneben malten sie ein | |
Fadenkreuz und den Spruch: "Eine Kugel reicht." Die Polizei ermittelt wegen | |
Sachbeschädigung und Bedrohung. | |
Auch wenn jeglicher Nachweis fehlt, drängt sich ein Zusammenhang der Tat | |
mit den Aktivitäten der Rockergruppe Hells Angels in dem Ort zwischen | |
Bremen und Hannover auf: Lasthaus ist einer der wenigen Honoratioren, die | |
sich öffentlich wegen der Rolle der Hells Angels im Leben der Kleinstadt | |
sorgten. | |
Genau vor einem Jahr hatte er sich bei einer Veranstaltung des grünen | |
Ratsherrn Detlef Gieseke über den Einfluss der Rocker zu Wort gemeldet. Auf | |
der Ankündigung stand: "Wie gefährlich sind die Hells Angels?" Drei Wochen | |
vor der Veranstaltung war ein Auto der Familie Gieseke vor deren Grundstück | |
verwüstet worden: mit Teer übergossen, die Scheiben eingeschlagen, die | |
Reifen aufgestochen. | |
Gieseke kritisierte die Kumpanei der städtischen Politik und Wirtschaft mit | |
dem örtlichen Rocker-Boss Wolfgang Heer. Dieser betreibt ein kleines | |
Imperium in Walsrode: eine Bowling-Bahn, ein Sportstudio, etliche Bordelle | |
und eine Security-Firma, deren Dienste auch das Walsroder Stadtmarketing | |
bisweilen in Anspruch nimmt. Sportverein und Feuerwehr freuen sich über | |
Spenden des Unternehmers. | |
Aus Giesekes Sicht ist es nicht egal, woher dieses Geld kommt. Für ihn ist | |
die Zusammenarbeit mit Heer "ein Unding". Die Polizei verdächtigt die | |
Rocker der organisierten Kriminalität. Nach Angaben des Landeskriminalamtes | |
sind sie seit 2009 bundesweit für vier Tötungsdelikte verantwortlich. Und | |
Heer ist als Schatzmeister für Deutschland nicht nur ein kleines Licht in | |
der Organisation. | |
Auch der Anwalt Lasthaus hat sich kritisch über die Rolle der Rocker in | |
Walsrode geäußert. "Wenn Sie einmal was gesagt haben, werden Sie immer | |
wieder gefragt", sagt er. Lasthaus hält es für falsch, mit einer | |
zweifelhaften Organisation wie den Hells Angels Geschäfte zu machen und | |
deren Geld in den Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Mehrfach hat er | |
Mandanten in diesem Themenzusammenhang betreut. | |
Lasthaus vertrat Gieseke, der behauptet hatte, Walsrodes parteilose | |
Bürgermeisterin Silke Lorenz duze sich mit Heer. Die Sache endete mit einem | |
Vergleich. Außerdem klagte er vor einigen Jahren für Schüler, die eine | |
Abi-Party mit einem Sicherheitsdienst veranstalteten, der Heer nicht | |
passte. Jungs aus Heers Security-Firma, dem Platzhirsch vor Ort, forderten | |
die Konkurrenz auf, zu verschwinden. Die Party platzte. Die Schüler | |
erstritten mit Hilfe von Lasthaus eine kleine Entschädigung. | |
"Das war eine Lappalie", findet Wolfgang Heer. Er habe vielleicht 150 Euro | |
Schadenersatz bezahlen müssen. Heer sagt, er werde zu Unrecht mit dem | |
Anschlag in Verbindung gebracht: "Wir haben nichts damit zu tun", beteuert | |
er. Der Hinweis auf den Jahrestag sei an den Haaren herbei gezogen. Ein | |
Jahrestag sei für ihn der 3. Oktober. "Wieso bin ich hier immer für alles | |
verantwortlich?", fragt er. Wohl weil einige das Auftreten Heers und seiner | |
Rocker-Kumpels als einschüchternd empfinden - was Heer für die Masse der | |
Bürger bestreitet. Die meisten Menschen in Walsrode würden ihn nicht für | |
besonders mächtig halten, behauptet Heer. | |
Aus Sicht des grünen Ratsherrn Gieseke ist der Zusammenhang, in dem der | |
Anschlag auf Lasthaus steht, evident. "Wir wissen alle zumindest, was damit | |
gemeint ist", sagt Gieseke. Er selbst habe nicht angegriffen werden können, | |
weil das zu offensichtlich gewesen wäre. Lasthaus sei einer der wenigen | |
Honoratioren gewesen, "die klar Stellung bezogen haben". | |
Dem Anwalt selbst "fallen nicht so wahnsinnig viele Leute ein, denen ich | |
das zutraue". Unmutsbekundungen anlässlich seiner Arbeit könnten vorkommen, | |
aber der Anschlag mit der Drohung gehe weit darüber hinaus. | |
3 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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