# taz.de -- Luftverschmutzung in Peking: Der Smog sprengt alle Skalen | |
> Peking zählt zu den Städten mit der höchsten Luftverschmutzung der Welt. | |
> Dabei berücksichtigen die Behörden bei der Messung des Feinstaubs nur | |
> einen Teil der Partikel. | |
Bild: Unten Autos, oben Smog, und dazwischen Menschen: Peking. | |
PEKING taz | So gut war die Luft in Peking seit Tagen nicht: Die Webseite | |
[1][bjair.info] warnte zuletzt nur noch, der Aufenthalt im Freien sei | |
"ungesund für empfindliche Bevölkerungsgruppen", also für ältere | |
Erwachsene, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen. Bjair.info gilt als | |
die vertrauenswürdigste Quelle der Hauptstadt über den Stand der Belastung | |
durch Feinstäube. Auf einer Skala von 0 bis 500 erreichte der Pegel die | |
Höhe von 131. | |
Das hörte sich zwar deutlich besser an als die Horrorergebnisse der letzten | |
Wochen, die zwischen "sehr ungesund" (201-300), "gefährlich" (301-500) oder | |
gar "außerhalb der Skala" (500+) geschwankt hatten. Aber trotzdem liegt | |
über Peking weiterhin ein dicker Schleier. Ein Ende ist nicht abzusehen. | |
Peking zählt laut Weltbank zu den Städten mit der höchsten | |
Luftverschmutzung weltweit. Zu den Olympischen Spielen vor drei Jahren | |
gaben sich die Behörden größte Mühe, den ersehnten blauen Himmel über der | |
Hauptstadt zu erzielen, indem sie Fahrverbote erließen und Fabriken | |
schlossen. Trotzdem zeigte eine gemeinsame Studie von Forschern der | |
Universität Peking und der Universität Oregon, dass die Spiele 2008 "die | |
mit der größten Umweltverschmutzung aller Zeiten" waren. | |
Heute ist die Situation womöglich schlechter. In den Krankenhäusern melden | |
sich immer mehr Patienten mit Atemproblemen. Umweltexperten und Mediziner | |
raten der Bevölkerung, draußen keinen Sport zu treiben.Schuld an der Misere | |
ist nicht nur der seit 2008 kräftig gewachsene Verkehr – heute rollen fünf | |
Millionen statt 3,5 Millionen Autos auf den Straßen der Hauptstadt. | |
## Baustellen, Fabriken und eine ungünstige Lage | |
Von den vielen Baustellen, Zement- und anderen Fabriken in den umliegenden | |
Provinzen treiben zudem ungefilterte feine Stäube gen Peking. Das ganze | |
Gemisch fängt sich an einer Bergkette im Norden und Westen der Hauptstadt. | |
Zudem liegt die Stadt im Winter monatelang unter dem sibirischen Kältehoch, | |
das für wenig Wind und viel Dunst verantwortlich ist – beste Bedingungen | |
für Smog. | |
Mittlerweile ist in den Medien eine Debatte über die Informationspolitik | |
der Regierung entbrannt. Denn bjair.info bezieht seine Daten von einem | |
Messgerät auf dem Dach der US-amerikanischen Botschaft in Peking. Hier | |
lassen sich schlechtere Ergebnisse ablesen als an den offiziellen | |
chinesischen Messstationen. So sprach Pekings Umweltbehörde in den | |
vergangenen Tagen noch von "leichter Verschmutzung", als die Amerikaner | |
schon vor Gesundheitsgefahr für potenziell alle Bevölkerungsgruppen | |
warnten. | |
Der Unterschied: Die US-Botschaft misst stündlich gezielt auch sehr feine | |
Partikel, die nicht größer als 2,5 Mikrometer und besonders gefährlich | |
sind. Die Pekinger Behörden hingegen messen lediglich Feinstäube mit | |
größerer Körnung, nämlich 10 Mikrometer. Und deren Konzentration in der | |
Luft ist tatsächlich geringer geworden, weil manch alte Fabrik schloss und | |
Stadtbusse mit abgasarmen Erdgasmotoren eingesetzt werden. | |
Nach Ansicht der Behörden wurden daher bereits Fortschritte gemacht: Im | |
vergangenen Jahr zählten sie 286 Tage mit "blauem Himmel". Umweltexperten | |
und Meteorologen warnen jedoch davor, dass sich die Lage in den nächsten | |
Monaten sogar drastisch verschlechtern wird: In diesen Tagen beginnt in | |
Peking die viermonatige Heizperiode - und die allermeisten Pekinger | |
beziehen ihre Wärme immer noch aus Zentralöfen, die mit Kohle geheizt | |
werden. | |
7 Nov 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://bjair.info | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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