# taz.de -- Kommentar Smog in Peking: Mein Auto, meine Freiheit | |
> Weil Peking in den 90er Jahren auf Straßen statt auf die U-Bahn setzte, | |
> versinkt die Stadt heute im Smog. Zugleich ist das Auto für viele | |
> Chinesen ein wichtiges Statussymbol. | |
Pekings Luft wird immer unerträglicher. Zwar haben die Stadtoberen im Zuge | |
der Olympischen Spiele 2008 zahlreiche Fabriken geschlossen und damit die | |
übelsten Dreckschleudern abgeschaltet. Die Zahl der Autos aber hat sich in | |
fünf Jahren auf inzwischen über 5 Millionen verdoppelt. Und jeden Monat | |
kommen 20.000 Fahrzeuge hinzu. | |
Kein Wunder, dass die Stadt selbst an eigentlich kristallklaren Wintertagen | |
im Smog versinkt. Ärzte raten den Pekingern an manchen Tagen bereits, | |
Fenster und Türen geschlossen zu halten. Angesichts der dramatisch | |
steigenden Zahl von Atemwegserkrankungen fragt sich der Außenstehende: | |
Warum nicht mehr öffentliche Verkehrsmittel? Und warum kein Autoverbot – | |
zumal sich Pekings Behörden doch sonst mit Zwangsmaßnahmen auch nicht | |
schwertun? | |
Pekings Stadtplaner haben in den neunziger Jahren einen gravierenden Fehler | |
begangen. Während das ebenfalls boomende Schanghai frühzeitig die neu | |
entstehenden Stadtzentren mit einem dichten U-Bahn-Netz versah, setzte | |
Chinas Hauptstadt auf breite Straßen für dicke Autos. | |
Im Nachhinein die urbanen Knotenpunkte mit einem unterirdischen | |
Schienensystem zu verbinden ist kompliziert und teuer. Trotz massiver | |
Investitionen in den letzten Jahren bleibt die Nutzung öffentlicher | |
Verkehrsmittel in Peking umständlich und zeitraubend. Es wird noch Jahre | |
dauern, bis dieser Kardinalfehler behoben ist und wirklich jede Ecke | |
komfortabel mit der U-Bahn erreicht werden kann. | |
Wer nun aber ein Autoverbot fordert, sollte verstehen, dass die Zahl der | |
Autos derzeit auch deshalb so rasant steigt, weil für viele der Armut | |
entronnene Chinesen das eigene Auto Aufstieg und Mobilität bedeutet. Trotz | |
verstopfter Straßen – den Traum vom eigenen Auto wollen sich viele | |
erfüllen. So makaber das klingt: Smog und Stau stehen in Peking auch für | |
Wohlstand und gefühlte Freiheit. Diese Denkweise ist nach wie vor auch | |
vielen hierzulande nicht fremd. Leider. | |
7 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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