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# taz.de -- Kommentar Autobrände: Sie wissen nichts, was nun?
> Das einzig definitiv Politische im Zusammenhang mit den
> Autobrandstiftungen ist die "politisch motiviert"-Quote. Mit ihr wird
> Politik gemacht.
Bild: Feuerwehrleute löschen ein brennendes Auto in Berlin-Kreuzberg.
Nur ein Viertel aller Autobrandstiftung geht auf das Konto von politisch
motivierten Tätern. Das hat der scheidende Innensenator Ehrhart Körting
(SPD) am Donnerstag verkündet. Bisher hatte es nahezu als Fakt gegolten,
dass etwa die Häfte aller Brandstiftungen irgendwie politisch begründet
sein sollte. Gibt es also einen neuen Trend in Brandstifterszene?
Selbstverständlich nicht.
Die alte wie die neue Zahl belegt vor allem eines: Polizei und Politik
wissen bis heute so gut wie nichts über die Masse der Brandstifter. Und
somit erst rechts nichts über deren Motivation. Daran ändert auch der
unzweifelhafte Fahndungserfolg der Polizei nichts. Zwar konnte sie kürzlich
einen Einzeltäter fassen, der allein rund 100 Fahrzeuge angezündet haben
soll. Aber gerade dieser Fall zeigt, wie sinnlos die Unterscheidung
zwischen politisch und nicht politisch motivierten Taten ist.
Nach eigenen Angaben hat der Mann aus Frust gehandelt, er war lange Zeit
arbeitslos und stoppte seine Zündelserie sofort, als er einen Job bekam. In
der Polizeistatistik wird er daher als unpolitischer Täter verbucht. Dabei
könnte man auch zu dem komplett gegenteiligen Ergebnis kommen. Denn was ist
schließlich politischer als der wutentbrannte Protest gegen die sozialen
Folgen eines Wirtschaftssystems, das am Rande der Gesellschaft Stehende
jeglicher Perspektive beraubt? Ist diese Tat apolitisch, bloß weil sie
nicht von einem hochkomplexen, gesellschaftsanalytischen Bekennerschreiben
begleitet wird, das den Ansprüchen eines sozialwissenschaftlichen Seminars
genügen würde?
Genauso schwammig ist die Einstufung der unbekannten Täter durch die
Polizei anhand des Wertes der brennenden Autos: Je teurer, desto
politischer. Erkennbar wird dadurch vor allem eins: die Weltsicht der
Ermittler.
Das einzig definitiv Politische im Zusammenhang mit den Autobrandstiftungen
ist die jeweils heiß gehandelte "politisch motiviert"-Quote. Mit ihr wird
Politik gemacht, das hat die CDU zuletzt im Wahlkampf gezeigt. Zudem gibt
ein unterstelltes Motiv - auch wenn das absurd scheint - Hoffnung. Denn ein
politisches Motiv kann man immerhin verstehen, auch wenn man es ablehnt.
Ein Täter ohne Motiv aber macht nur noch eins: ratlos.
10 Nov 2011
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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