# taz.de -- Insolvenz als Chance: Die Sietas-Werft ist pleite | |
> Betrieb will Schiffe fertigstellen und Investor für die Zukunft finden. | |
> Belegschaft wird verkleinert. Bürgschaften von Stadt und Bund werden | |
> fällig. | |
Bild: Braucht dringend einen Investor: die Sietas-Werft. | |
Einer der ältesten Schiffbaubetriebe der Welt, die Sietas-Werft in | |
Neuenfelde, ist pleite. Wie die Geschäftsleitung am Freitag mitteilte, hat | |
sie einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung gestellt. Geschäftsführung | |
und Insolvenzverwalter wollen erreichen, dass die Werft ab Montag ihre | |
laufenden Aufträge weiter abarbeiten kann. Um den Betrieb nach der | |
Insolvenz im Frühjahr weiterführen zu können, muss ein Kapitalgeber | |
gefunden werden. "Es wird zu Entlassungen kommen", kündigte | |
Sietas-Geschäftsführer Rüdiger Fuchs an. | |
Die 1635 gegründete Werft ist mit 1.039 Stamm-Mitarbeitern gut halb so groß | |
wie die bekanntere Firma Blohm + Voss. Schon in der Finanzkrise 2008 war | |
Sietas knapp an einer Pleite vorbeigeschrammt. Ein neues Management mit | |
Fuchs hat die Produktion umgestellt und ein neues Fertigungsverfahren | |
eingeführt. Statt Containerschiffen baut die Werft seither Spezialschiffe: | |
Drei Fähren, ein Saugbagger und ein Errichterschiff für Offshore-Windparks | |
stehen derzeit im Auftragsbuch. Alle Aufträge seien in der Krise akquiriert | |
worden, betont Fuchs. | |
"Das heißt, dass eine Werft wie Sietas eine Wettbewerbschance hat", sagte | |
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) mit Blick auf diese Liste. Die | |
Auftraggeber seien auch alle in der Lage, zu bezahlen, versicherte | |
Geschäftsführer Fuchs. Zum Verhängnis geworden sei der Werft die | |
Schwierigkeit, das nötige Eigenkapital von mehr als 15 Prozent vorzuhalten. | |
Angesichts hoher Schulden und immer noch nötiger Veränderungen im | |
Unternehmen sei es aber nicht gelungen, einen Investor zu finden. | |
Ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird, entscheidet ein Gericht Ende | |
Januar. Die Insolvenz, bei der ein großer Teil der bisher aufgelaufenen | |
Schulden gestrichen würde, könnte die Möglichkeit zu einem Neuanfang | |
bieten. Eine große Chance liege in der sich gerade entwickelnden | |
Offshore-Windindustrie, sagte Horch. Für diese müssten Errichterschiffe zum | |
Aufstellen von Windrädern, Plattformen und Versorger gebaut werden. | |
Die Stadt habe Sietas seit Jahren mit Geld für Forschung und Entwicklung | |
sowie mit Bürgschaften unterstützt, die jetzt fällig werden, sagte Horch. | |
Für 36 Millionen Euro bürgt Hamburg, für weitere 26 Millionen der Bund. | |
Dieses Geld sei 2009 als Rücklage im Haushalt veranschlagt worden. Den | |
Bürgschaften stünden allerdings die laufenden Aufträge gegenüber. "Es ist | |
wichtig, dass die Schiffe fertig gebaut werden", sagte Horch. | |
Das nötige Geld dafür muss der vorläufige Insolvenzverwalter Berthold | |
Brinkmann besorgen. Von seinem Geschick hängt es auch ab, in welcher Form | |
die Werft ab Februar 2012 weiterbetrieben werden kann. Bis dahin werden die | |
Beschäftigten für drei Monate Insolvenzgeld in Höhe ihres Nettogehalts | |
erhalten. Wie viele von ihnen gehen müssen, ist offen. | |
Vertreter der IG Metall betonten die Zukunftschancen der Werft. Sie habe | |
das nötige Know-how für den Spezialschiffbau. "Jetzt kommt es darauf an, | |
dass die Banken mitziehen und das Unternehmen Zeit bekommt, weitere | |
Aufträge einzuwerben", sagte Bezirksleiter Meinhard Geiken. | |
18 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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