# taz.de -- KORRUPTION: Revision aus Brüssel | |
> Das Amt für Betrugsbekämpfung der EU schickt Ermittler an die Lüneburger | |
> Leuphana-Uni. Sie sollen das Vergabeverfahren für das Libeskind-Audimax | |
> untersuchen. | |
Bild: Gute Freunde, die gute Freunde haben: Libeskind und Keller (l.). | |
BREMEN taz | Es sind üblicherweise keine Petitessen, mit denen sich das | |
"Europäische Amt für Betrugsbekämpfung" (Olaf) beschäftigt. Nur wenn | |
"schwerwiegende Unregelmäßigkeiten mit Auswirkungen auf den EU-Haushalt" | |
vermutet werden, wird es nach eigener Darstellung aktiv. | |
Von Montag bis Donnerstag dieser Woche sind die Korruptionsbekämpfer der | |
EU-Kommission nun zu einer "Vor-Ort-Kontrolle" an der Lüneburger | |
Leuphana-Universität. Es geht um das Vergabeverfahren für die Planung des | |
neuen Leuphana-Zentralgebäudes durch ein Architekturbüro im Jahr 2008. | |
60 Millionen Euro soll das mittlerweile im Bau befindliche Audimax des | |
Star-Architekten Daniel Libeskind - selbst Leuphana-Professor - kosten. 21 | |
Millionen davon kommen aus Brüssel. Immer wieder war das Bauprojekt in die | |
Schlagzeilen geraten. Denn Leuphana-Konrektor Holm Keller, Architekt | |
Libeskind und die westfälische Rheinzink GmbH hatten einst enge | |
geschäftliche Beziehungen. Und Rheinzink ist mit einem Sponsoringvertrag am | |
Audimax-Bau beteiligt. | |
In einem Papier des niedersächsischen Landesrechnungshofes vom Sommer ist | |
die Rede davon, dass mit diesem Sponsoringvertrag "der Wettbewerb | |
unterlaufen wurde". Andere Lieferanten als Rheinzink seien "ausgeschaltet" | |
worden. | |
Konrektor Keller ist Gründer und Gesellschafter der mittlerweile gelöschten | |
Proportion GmbH, die im Auftrag von Libeskind die Designvillen des | |
Architekten vermarktet hatte. Für die wiederum baut Rheinzink die | |
aufwendigen Fassaden. Im Fall des Audimax habe die zweifelhafte | |
Auftragsvergabe möglicherweise zu hohen Mehrkosten für die Universität | |
geführt. Die Finanzierung des Gebäudes sei nicht gesichert, urteilt der | |
Rechnungshof. | |
Was die Olaf-Ermittler jetzt genau herausfinden wollen, sagen sie mit | |
Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht. Leuphana-Sprecher Henning | |
Zühlsdorf erklärt, die EU-Kommission überprüfe "Vorhaben dieser Art | |
regelmäßig". Man werde die Prüfer "wie immer in solchen Fällen in jeder | |
Hinsicht unterstützen". Nach taz-Informationen sollen sich die | |
Olaf-Ermittler auch bei Rheinzink angekündigt haben. | |
Der Audimax-Bau an der halbstaatlichen Leuphana wird vom niedersächsischen | |
Wissenschaftsministerium beaufsichtigt und mitfinanziert. Ministerin | |
Johanna Wanka (CDU) hatte bei einer parlamentarischen Anhörung im September | |
alle Anwürfe zurückgewiesen: Alle Vorgänge beim Audimaxneubau seien "völlig | |
korrekt" durchgeführt worden. Zu der Olaf-Untersuchung will sich das | |
Ministerium nicht äußern. "Das kommt direkt von der EU-Kommission, da sind | |
wir nicht beteiligt", sagt ein Sprecher. Es sei das "gute Recht der EU" zu | |
prüfen, was mit ihrem Geld geschehe. | |
Die studentische Leuphana-Senatorin Daniela Steinert überrascht die | |
Untersuchung nicht. Sie fürchtet, dass Kellers Praktiken dazu führen | |
könnten, dass die Leuphana EU-Mittel in Millionenhöhe zurückzahlen muss. | |
"Dann haben wir ein massives Problem." | |
Die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte verlangt von der | |
Landesregierung, die Ermittlungen "sehr ernst zu nehmen". In der | |
Vergangenheit sei Wanka über Bedenken gegen die Vorgänge an der Leuphana | |
"ziemlich hinweggegangen". | |
29 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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