# taz.de -- Piraten-Vorstand Schlömer über Parteitag: "Das Auspfeifen gehört… | |
> Bernd Schlömer sitzt im Bundesvorstand der Piraten. Für ihn machen | |
> leidenschaftliche Debatten einen Parteitag erst lebhaft. Er erzählt, wie | |
> sie zukünftig die vielen Mitglieder versammeln wollen. | |
Bild: "Wir haben 700 bis 800 mehr Teilnehmer als wir das dachten." | |
taz: Herr Schlömer, Ihr Vorstandskollege Sebastian Nerz meint, dass Fehler | |
gerade in der Anfangszeit zur Spaltung einer Partei führen können. Sehen | |
Sie diese Gefahr auch? | |
Bernd Schlömer: Nein, ich glaube, da wir in der Partei auf Meinungsvielfalt | |
setzen, wird es nicht zu einer Spaltung kommen. Dieses Modell wird von | |
allen akzeptiert. | |
Bei der Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen standen sich | |
Befürworter und Gegner ziemlich unversöhnlich gegenüber. | |
Es gab eine ausreichende Zweidrittelmehrheit dafür. Wir können eben nicht | |
alle Entscheidungen mit einer Mehrheit von 80, 90 Prozent treffen. Ich | |
glaube, die Legitimation ist da und das reicht. | |
Das reicht? | |
Wichtig ist - und das wird auch passieren -, dass wir jetzt die Gegner und | |
ihre Argumente nicht einfach beiseite wischen, sondern trotzdem ernst | |
nehmen und die Leute mitnehmen. Dafür muss umgekehrt auch das | |
Mehrheitsergebnis toleriert werden. Und ich muss sagen, dass ich alle | |
Diskussionen, die ich bislang bei den Piraten erlebt habe, sehr ausgewogen | |
und rücksichtsvoll fand. | |
Wenn, wie auf dem Parteitag geschehen, Redner ausgepfiffen werden, ist das | |
nicht sehr rücksichtsvoll. | |
In der politischen Diskussion muss es möglich sein, etwas emotionaler zu | |
diskutieren. Die Menschen gehen ja nicht aufeinander los, sondern sie | |
versuchen, ihre Argumente gewinnbringend einzusetzen: Und da wird ab und zu | |
gepfiffen. Das trägt zur Lebhaftigkeit des Parteitags bei. | |
Seit dem Wahlerfolg in Berlin hat Ihre Partei immensen Zulauf. Beim | |
Parteitag standen immer wieder Piraten vor der Tür. Wird es beim nächsten | |
Mal doch Delegierte geben? | |
Das Wachstum trägt natürlich zu einer programmatischen Erweiterung bei, und | |
das ist gut. Ich glaube aber nicht, dass wir ein Delegiertensystem haben | |
werden, denn das würde uns zu weit in die Richtung der etablierten Politik | |
führen, von der wir uns gerne abgrenzen wollen. | |
Aber wenn Leute draußen bleiben müssen, ist das doch auch keine Lösung, | |
oder? | |
Wir machen gerade Erfahrungen. Wenn wir wissen, dass anderthalb bis | |
zweitausend Piraten kommen, können wir uns darauf einstellen. Bei der | |
Planung des Parteitags konnten wir den Berlin-Hype nicht voraussehen. Wir | |
haben 700 bis 800 mehr Teilnehmer als wir das dachten. Und beim nächsten | |
Parteitag werden wir größere Räume buchen. | |
Und wieder nicht wissen, ob die ausreichen werden. | |
Als Perspektive werden wir wahrscheinlich einen Weg gehen, der uns zu | |
dezentralen Parteitagen führt. Ich halte das für zwingend notwendig. Dann | |
werden wir an mehreren Orten in Deutschland parallel einen Bundesparteitag | |
durchführen. | |
Und dann heben parallel in Hamburg und München die Leute ihre Arme zu einer | |
Frage? | |
Das wird das Ziel sein. Wir werden es im kleinen Modell in Berlin | |
ausprobieren, in Gebietsversammlungen. Und sofern das rechtlich möglich | |
ist, wird das der Weg sein. | |
4 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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