# taz.de -- Freihandelsabkommen der EU: Handel macht Hunger | |
> Die EU und Indien wollen Zölle abbauen und ein Freihandelsabkommen | |
> einführen. Aktivisten warnen vor einem Schaden für Kleinbauern. | |
Bild: Meistens nicht freiwillig: Hungern (bei Yoga-Guru Baba Ramdev, der in ein… | |
BERLIN taz | Ein geplantes Freihandelsabkommen der EU würde laut | |
katholischem Hilfswerk Misereor und Heinrich-Böll-Stiftung den Hunger in | |
Indien vergrößern. "Sollten die indischen Schutzzölle für Milchpulver und | |
Geflügelfleisch abgeschafft werden, wären die kleinbäuerlichen Familien den | |
billigen Importen aus der Europäischen Union schutzlos ausgeliefert", | |
erklärte am Montag Christine Chemnitz, Handelsexpertin der Stiftung. Armin | |
Paasch von Misereor sagte, die indischen Bauern könnten ihre Produkte dann | |
nicht mehr verkaufen. "Viele werden nicht mehr in der Lage sein, sich | |
ausreichend zu ernähren." | |
In Indien sind den Aktivisten zufolge 225 Millionen Menschen chronisch | |
unterernährt - etwa ein Viertel der Bevölkerung. 90 Millionen lebten von | |
der Milchwirtschaft und 3,5 Millionen von der Geflügelhaltung. Die EU und | |
Indien wollten die wichtigsten Punkte des Abkommens bis Februar | |
abschließen. | |
Der Vertrag könnte auch dem mit 37 Millionen Beschäftigten zweitwichtigsten | |
Wirtschaftszweig in Indien, dem Einzelhandel, schaden. Denn im Zuge der | |
Verhandlungen hat Indien laut Misereor der EU in Aussicht gestellt, dass | |
europäische Einzelhändler wie die deutsche Metro-Gruppe künftig in dem Land | |
Supermärkte eröffnen dürfen. "Wenn die Supermärkte in den nächsten fünf | |
Jahren so stark expandieren, wie der französische Konzern Carrefour | |
voraussagt, wird das nach unseren Berechnungen über eine Million | |
Arbeitsplätze zerstören", warnte Paasch. Betroffen wären insbesondere | |
Straßenhändler, die ohnehin häufig in Armut leben. | |
Die EU-Kommission antwortete auf die Vorwürfe, die Verhandlungen würden | |
Indien helfen, "als Global Player vom EU-Markt mit mehr als 500 Millionen | |
Bürgern zu profitieren". Sorgen der Inder vor allem bei der Landwirtschaft | |
würden berücksichtigt, sagte der für Handel zuständige Sprecher John Clancy | |
der taz. Diese Branche liefere im Übrigen "nur rund zwei Prozent der | |
EU-Exporte nach Indien". | |
Clancy sieht die Verantwortung vor allem bei der indischen Regierung | |
selbst. Allein sie könne entscheiden, das Land für internationale | |
Einzelhändler zu öffnen. Allerdings ergänzte er: "Die Einzelhandelsbranche | |
für mehr ausländische Direktinvestitionen zu öffnen, könnte bedeutende | |
Vorteile bringen", zum Beispiel eine bessere Infrastruktur. | |
5 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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