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# taz.de -- Zensur in Indien: Maulkorb fürs Internet
> Indiens Kommunikationsminister will beleidigende Inhalte von Webseiten
> filtern lassen. Internetnutzer und traditionelle Medien fürchten jetzt
> chinesische Verhältnisse.
Bild: Für die Meinungsfreiheit: Demonstranten vor Sibals Amtssitz.
Indiens Minister für Telekommunikation und IT-Industrie, Kapil Sibal, hat
mit seiner Forderung nach einer Vorzensur für beleidigende Webpostings auf
dem Subkontinent Empörung ausgelöst. Bereits einen Tag nach seinem vor
einer Woche bekannt gewordenen Vorstoß schnellte beim Microblogging-Dienst
Twitter das Hashtag #IdiotKapilSibal auf Rang eins.
"Lieber #IdiotKapilSibal, wir sind nicht China. Dessen Führer können das
Netz mundtot machen und an der Macht bleiben. Sie werden sehen, dass Sie es
nicht können", twitterte etwa der indische Unternehmer Mahesh Murthy. China
hat rund 30.000 staatliche Internetpolizisten, es gibt dort eine
ausgeprägte Selbstzensur der Portalbetreiber.
Kommunikationsminister Sibal hat schon mehrfach Vertreter von Google,
Facebook, Twitter, Yahoo und Microsoft getroffen. Der Harvard-Jurist und
Minister der Congress-Partei drängte die Konzerne, Mechanismen zu
entwickeln, um anstößige Inhalte zu entfernen. "Wir müssen uns um die
Sensibilitäten unserer Bevölkerung kümmern", sagt Sibal. "Kultureller Ethos
ist sehr wichtig für uns."
Seine Treffen mit den großen Webunternehmen wurden durch die New York Times
publik, erst in Reaktion darauf äußerte sich Sibal dazu: Sein Vorstoß sei
keine Zensur, sagte er.
## Regierung unter Druck durch Facebook & Co
##
Doch genau das befürchten die meisten Kommentatoren. Der Eindruck drängt
sich auch auf, weil Sibal den IT-Konzernen als Beispiel für ein
inakzeptables Posting ausgerechnet eines über seine Parteichefin Sonia
Gandhi zeigte. Viele Kommentatoren verweisen auch darauf, dass die
Regierung 2011 am stärksten durch Proteste unter Druck geriet, für die per
Facebook und Twitter mobilisiert wurden.
Die Konzerne reagierten reserviert. Facebook äußerte Verständnis für das
generelle Bedürfnis, beleidigende Inhalte im Web zu reduzieren. Google als
Betreiber des in Indien beliebten Netzwerks Orkut machte aber klar: "Wenn
Inhalte legal sind und nicht unsere Prinzipien verletzen, entfernen wir sie
nicht, nur weil sie kontrovers sind. Wir glauben, die unterschiedlichen
Ansichten der Menschen sollten respektiert und geschützt werden, solange
sie legal sind."
Etwas Rückhalt bekam Sibal von der hindunationalistischen Oppositionspartei
BJP. Die erkannte an, dass es im Netz unerträgliche Inhalte gebe, doch sei
sein Vorgehen zweifelhaft. In Indien gibt es immer wieder Gewalt zwischen
Religionsgruppen, meist geschürt von Politikern.
## Netz nicht für Gewalt verantwortlich
Ausgerechnet die extremistische Kaderorganisation RSS, Mutterorganisation
der BJP und führender Geist antimuslimischer Exzesse, wies Sibals Vorstoß
mit dem Argument zurück, dass es "Gewalt schon vor dem Internet gab". Man
könne dafür nicht das Netz verantwortlich machen.
Indien hat etwa 110 Millionen Internetnutzer. Damit liegt das
zweitbevölkerungsreichste Land und die weltgrößte Demokratie nach China und
den USA auf Rang 3. Für 2014 wird die Zahl indischer Webnutzer auf 300
Millionen prognostiziert.
In Rankings zur Pressefreiheit taucht Indien oft weit hinten auf: Reporter
ohne Grenzen sieht sie auf Rang 122, Freedom House auf Rang 77.
13 Dec 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
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