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# taz.de -- Machtkampf im Irak: Krach in der Regierung
> Schiiten und Sunniten sind auf Kollisionskurs: Haftbefehl gegen
> sunnitischen Vizepräsidenten – der schiitische Regierungschef Maliki will
> seinen Stellvertreter loswerden.
Bild: Kaum haben die Iraker nach dem Abzug der US-Soldaten das Kommando überno…
BAGDAD taz | Kaum haben die amerikanischen Truppen den Irak verlassen, sind
die schwelenden Spannungen zwischen den Fraktionen der Schiiten und
Sunniten gefährlich gestiegen.
Das von Schiiten dominierte Innenministerium erließ am Montag einen
Haftbefehl gegen den Vizepräsidenten Tarik al-Haschemi, einen prominenten
Sunniten. Haschemi soll Bomben- und Mordanschläge in Auftrag gegeben und
finanziert haben. Haschemi wies die Vorwürfe in scharfen Worten zurück und
beschuldigte seinerseits den Regierungschef Nuri al-Maliki, ein Schiit, die
Justiz für politische Abrechnungen zu missbrauchen.
"Haschemi hat keine Verbrechen begangen und niemals das Blut von Irakern
vergossen", sagte Haschemi auf einer Pressekonferenz im kurdischen
Salahaddin. "Diese Vorwürfe sind fabriziert." Er mache Maliki persönlich
dafür verantwortlich.
Zur besten Sendezeit hatte der irakische Staatssender Irakiya am
Montagabend eine "Pressekonferenz" des Innenministeriums übertragen, auf
der das Ministerium die Videoaufzeichnungen von angeblichen Geständnissen
von drei Leibwächtern Haschemis abspielte.
Darin sagen die drei aus, sie hätten zwischen 2009 und 2011 im Auftrag von
Haschemi neun Bomben- und Mordanschläge verübt. Ihnen seien Angestellte des
Außen- und Gesundheitsministeriums, ein Leibwächter des Transportministers
(ein Schiit), Polizeioffiziere und sogar einfache Verkehrspolizisten zum
Opfer gefallen.
## Dank von Haschemi
Laut den Leibwächtern liefen die Fäden bei dem Sekretär von Haschemi
zusammen. Nach jeder Operation habe sich Haschemi persönlich bedankt, sagte
einer der Leibwächter namens Ahmed Abdul Kerim Mohammed Juburi. "Außer in
einem Fall überreichte uns Haschemi jeweils einen Umschlag mit 3.000
Dollar, die wir unter uns aufteilten." Wieder und wieder spielte der
Staatssender die Aufnahmen am Dienstag ab.
Haschemi beschuldigte Sicherheitsorgane, die direkt dem Regierungschef
unterstehen, die angeblichen Geständnisse erzwungen zu haben. Zugleich warf
er der Regierung vor, Anschläge und Morde, hinter denen sie stecke, zu
vertuschen. Mit dem Haftbefehl solle sein Ruf ruiniert werden, sagte
Haschemi. "Hinter all dem steckt Maliki. Das Land ist in seiner Hand."
Staatspräsident Dschalal Talabani, ein Kurde, wie auch der kurdische
Regionalpräsident Masud Barzani sprachen von einer gefährlichen Eskalation.
Barzani rief zu einer nationalen Konferenz aller politischen Fraktionen
auf. Diese könnte tatsächlich der einzige Ausweg sein, um den Bruch der
wackligen Regierungskoalition zu verhindern.
## Entlassung gefordert
Neben Haschemi hat das Maliki-Lager in den letzten Tagen auch gegen andere
prominente Sunniten ausgeholt. So verlangt der Regierungschef, dass sein
sunnitischer Stellvertreter Saleh Mutlak des Amtes enthoben wird, weil er
ihn in einem Interview als Diktator bezeichnet hatte.
Laut Haschemi hat Maliki die Wachen um seine Residenz in der Grünen Zone
entwaffnen lassen. Zudem seien seinen Angestellte die Ausweise abgenommen
worden, die zum Betreten des Regierungsviertels berechtigen.
Seit Tagen sind gepanzerte Fahrzeuge in der Nähe von Haschemis Haus
aufgefahren. Darüber hinaus seien sein Büro und seine Privaträume
durchsucht worden, sagte Haschemi. Dabei hätten die Sicherheitskräfte
Computer und Unterlagen mitgenommen.
Nur unter Mühen hatten die Amerikaner das mehrheitlich von Sunniten
getragene Bündnis Irakiya, dem Haschemis Partei angehört, vor einem Jahr
dazu gebracht, in die Regierung von Maliki einzusteigen. "Doch all unsere
Bemühungen um nationale Versöhnung und die Einheit des Iraks waren
vergeblich", sagte Haschemi.
20 Dec 2011
## AUTOREN
Inga Rogg
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