# taz.de -- Online-Netzwerk "FoWL": Wikileaks sammelt Freund und Feind | |
> Ein eigenes Social Network namens "FoWL" soll die Wikileaks-Unterstützer | |
> organisieren – und damit den Betrieb der Plattform sicherstellen. Kann | |
> das funktionieren? | |
Bild: So sieht sich "FoWL" selbst: Kleine Vögelchen, die rund um die Welt zwit… | |
Die Whistleblowing-Plattform Wikileaks hat die Maßstäbe der | |
Informationsveröffentlichung im Netz verändert. Immer wieder veröffentlicht | |
die oft totgesagte Internetseite Daten und Dokumente, die so bislang nicht | |
verfügbar waren. | |
Und immer wieder stehen die Seite und ihre Macher unter Beschuss, wird | |
technisch wie juristisch angegriffen. Doch Wikileaks ist nicht | |
kleinzukriegen, und das liegt vor allem an einem großen Kreis an | |
Unterstützern, die den radikalen Transparenzanspruch teilen und technisch, | |
finanziell, juristisch und organisatorisch Schützenhilfe leisten. Die | |
wollen die Betreiber nun sammeln und untereinander besser vernetzen: | |
[1]["Friends of Wikileaks"], kurz FoWL. ist ein Social Network, dass dies | |
leisten soll. | |
Wikileaks ist kein bescheidenes Projekt. Und ganz im Stil des Lebemannes | |
und Wikileaks-Gründers Julian Assange beschreibt ein Manifest etwas | |
pathetisch – und in holprig übersetzter Eindeutschung – die Ziele: über d… | |
Plattform wolle man Unterstützung "jedem zukommen zu lassen, der sich | |
aufgrund der Veröffentlichung von Informationen zur Erwirkung einer | |
gerechteren Gesellschaft in Gefahr befindet." Darunter macht man es bei | |
Wikileaks einfach nicht. | |
## Zwölf passende Freunde | |
Funktionieren soll das Soziale Netzwerk nach ähnlichen Kriterien, wie auch | |
die großen Geschwister vom Typ Facebook: Fowl, was auf Deutsch mit Geflügel | |
übersetzbar wäre, soll künftig das Federvieh der Wikileaks-Freunde | |
miteinander in Kontakt bringen. | |
Vorerst passiert auf der Website allerdings nach einer Anmeldung gar | |
nichts: erst, wenn eine entsprechende Mindestanzahl an Nutzern auf der | |
Seite registriert ist, will man mit dem "Pattern Matching" starten – und | |
dann jedem angemeldeten Wikileaks-Freund zwölf passende Freunde, sortiert | |
nach selbstgewählten Sprachpräferenzen, anbieten. | |
Erreichbar ist die neue Seite über den französischen Provider Gandi bei der | |
digitalen Wikileaks-Heimstatt OVH: Der französische Hostinganbieter, der zu | |
den größten Webseiten-Speicherplatzanbietern im ganzen Internet gehört, | |
wurde im Dezember 2010 für Wikileaks zum Fluchtort, Protesten des | |
französischen Industrieministers Eric Besson zum Trotz. | |
Dieser hatte versucht, den Anbieter über eine französische Behörde zur | |
Löschung und Vertragsauflösung auffordern zu lassen. Der Anbieter, | |
gegründet 1998 vom polnischen Einwanderersohn Octave Klaba, widersetzte | |
sich dem erfolgreich vor Gericht. Offenbar ist Julian Assanges neuestes | |
Werkzeug bei Klabas Anbieter erst einmal sicher. | |
## Zuhause in Frankreich | |
Noch unklar ist, was Assange mit Fowl wirklich will. Der Australier, gegen | |
den in Schweden nach wie vor wegen Vergewaltigungsvorwürfen ermittelt wird | |
und der in Großbritannien gegen seine Auslieferung prozessiert, hat bisher | |
keine klaren Hinweise darauf gegeben. Doch mit dem neuen Projekt macht der | |
kämpferische Technikanarchist klar: trotz aller Querelen und Probleme, die | |
Wikileaks in den vergangenen Jahren gebeutelt haben, kann Assange auch neue | |
technische Projekte anschieben. | |
Ob es dabei tatsächlich eine gute Idee ist, ein Verzeichnis der weltweiten | |
Unterstützer für das umstrittene Projekt zu generieren, muss man | |
hinterfragen. Und ob auf der Plattform am Ende mehr Freunde oder Feinde für | |
das Wikileaksprojekt zu finden sein werden? Daran entscheidet sich, ob die | |
Idee "Fish or Fowl" ist – Fisch oder Fleisch. Und natürlich auch, ob | |
Wikileaks-Gründer Julian Assange wirklich noch genug Freunde hat. | |
21 Dec 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.wlfriends.org | |
## AUTOREN | |
Falk Lüke | |
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