# taz.de -- Urteil zu Abgasen von Flugzeugen: Europa verteidigt Klimaschutz | |
> Ab Januar müssen alle Fluglinien, die in der EU starten oder landen, für | |
> ihren CO2-Ausstoß zahlen. Auch Firmen aus Nordamerika. Die USA drohen mit | |
> Konsequenzen | |
Bild: Sieht gut aus, schadet aber dem Klima: Abgase aus Flugzeugen. | |
BERLIN taz | Die Europäische Union hat in ihren Bemühungen um Klimaschutz | |
einen wichtigen Sieg errungen: Ab Januar werden alle Airlines, die in der | |
EU starten oder landen, in den Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten | |
einbezogen. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Regel nicht | |
gegen die "Souveränität von Drittstaaten" verstoße. | |
Künftig erhalten Fluglinien - wie andere Industrien schon seit 2005 - eine | |
bestimmte Menge an CO2-Zertifikaten, die zum Ausstoß der Klimagase | |
berechtigen. Blasen sie mehr in die Luft, müssen sie Verschmutzungsrechte | |
zukaufen. Sind sie sparsamer, können sie die Zertifikate selbst verkaufen. | |
Damit soll umweltfreundliches Wirtschaften belohnt werden. 85 Prozent der | |
Verschmutzungsrechte sind umsonst, der Rest muss bezahlt werden. Die | |
Fluglinien müssen dabei den Ausstoß auf der gesamten Flugstrecke mit | |
einbeziehen. | |
Wer in Chicago startet, zahlt also an die EU, obwohl sich das Flugzeug noch | |
über US-Territorium befindet - das war auch das Hauptargument der Kläger. | |
Der Gerichtshof verwies jedoch auf das "hohe Schutzniveau" der EU im | |
Umweltbereich. Zudem könne sie Flugverkehr unter die Bedingung stellen, | |
dass "die Wirtschaftsteilnehmer die von der Union festgelegten Kriterien | |
beachten". | |
## Clinton kündigt "Maßnahmen" an | |
Jetzt geht der Konflikt in die nächste Ebene. US-Außenministerin Hillary | |
Clinton droht der EU in einem der taz vorliegenden Brief mit "angemessenen | |
Maßnahmen", falls die Einführung der Abgabe nicht mindestens vertagt werde. | |
Insgesamt kommen die Airlines günstig davon. Die Bundesregierung geht laut | |
einer kleinen Anfrage der Partei Die Linke davon aus, dass die Emissionen | |
aus Flugzeugen doppelt so stark erwärmend wirken wie am Boden - das wird | |
gar nicht beachtet. | |
Möglicherweise machen einige Airlines sogar Gewinn, indem sie die Preise | |
der Zertifikate voll auf die Ticketpreise aufschlagen, obwohl sie die | |
meisten davon geschenkt bekommen. Wie genau sie das machen, davon hängt | |
laut Bundesregierung ab, wieviel teurer ein Transatlantikflug wird - es | |
können zwischen zwei und fünf Euro werden. | |
## Rekordtief für Zertifikatpreise | |
Die Bundesregierung kann sich zudem über einen Geldsegen freuen: Sie | |
rechnet mit 780 Millionen Euro an Einnahmen im Jahr 2012. Das Geld fließt | |
in den Energie- und Klimafonds, mit dem Klimaschutzmaßnahmen finanziert | |
werden. Allerdings geht sie dabei von einem Preis von 17 Euro pro Tonne | |
ausgestoßenem CO2 aus. | |
Die Preise bestimmt aber der freie Markt, die entsprechenden | |
Verschmutzungszertifikate werden an der Strombörse gehandelt. Derzeit | |
werden sie immer billiger - in den vergangenen Wochen standen sie bei einem | |
Rekordtief von 6,3 Euro. Grund ist vor allem die sich nähernde | |
Wirtschaftskrise, in der weniger Energie verbraucht werden wird. | |
Bei diesem Preisniveau lohnt es sich für die Wirtschaft immer weniger, | |
Klimagase einzusparen. Denn wer seine Verschmutzungsrechte nicht ausnutzt, | |
kann sie verkaufen und so die Investitionen wieder reinholen. Der | |
Umweltausschuss im EU-Parlament hat deshalb in dieser Woche beschlossen, ab | |
2013 acht Prozent weniger Zertifikate auszugeben. Allerdings müssten das | |
gesamte Parlament und auch die EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Sollte es bei | |
den billigen Zertifikaten bleiben, werden sich auch die Fluggesellschaften | |
freuen. | |
21 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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