# taz.de -- ATOMMÜLL-LAGER: Störfeuer gegen Asse-Pläne | |
> Ein internes Papier aus dem Bundesamt für Strahlenschutz stellt die | |
> Bergung der radioaktiven Abfälle in Frage - und gelangt offenbar gezielt | |
> an die Medien. | |
Bild: Kommt vielleicht doch nicht mehr zum Einsatz: Radlader beim Verladen von … | |
GÖTTINGEN taz | Ein zunächst offenbar gezielt an niedersächsische Medien | |
gestreutes Papier aus dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat die | |
Diskussion um die Bergung der radioaktiven Abfälle aus dem maroden | |
Atommülllager Asse neu befeuert. In dem internen Memorandum, das auch der | |
taz vorliegt, stellen BfS-Experten des Fachbereichs "Sicherheit nuklearer | |
Entsorgung" die bislang verfolgte Bergung der radioaktiven Abfälle in Frage | |
- weil schon die bisherigen Genehmigungsverfahren sich lange weit länger | |
hinziehen als ursprünglich geplant. | |
Für das probeweise Anbohren von ersten Atommüllkammern und weitere | |
Vorbereitungen seien noch bis zu zehn Jahre zu veranschlagen. Deshalb könne | |
beim bisherigen Verlauf der Verfahren der "eigentliche Rückholungsprozess" | |
erst ab dem Jahr 2025 beginnen. "Der Zeitpunkt des Abschlusses dieser | |
Arbeiten ist nicht prognostizierbar, kann jedoch auf Basis der gewonnen | |
Erfahrungen nicht vor 2040 beendet sein", heißt es in dem Memorandum. | |
Zwischenzeitlich drohe das Risiko eines "unbeherrschbaren Lösungszutritts", | |
also das Absaufen des Bergwerks. Die Standsicherheit der Grube ist | |
Gutachten zufolge nur noch für wenige Jahrzehnte gewährleistet. Äußerst | |
zeitaufwendig sind laut dem Papier auch die Errichtung eines neuen Schachts | |
und der Bau eines oberirdischen "Pufferlagers" für die geborgenen Abfälle. | |
Insgesamt deuteten alle dargestellten Indikatoren darauf hin, dass im | |
Verlauf der nächsten Monate bis Ende 2012 "eine Sachlage eintreten wird, | |
die eine weitere Verfolgung der Stilllegungsoption ,Rückholung' als | |
sicherheitstechnisch nicht mehr vertretbar erscheinen lässt", heißt es | |
abschließend in dem von Abteilungsleiter Michael Hoffmann unterzeichneten | |
Papier. | |
BfS-Sprecher Florian Emrich sagte auf Anfrage, "oberstes Ziel" bei der | |
Schließung der Asse bleibe die langfristige Sicherheit von Mensch und | |
Umwelt. Diese sei nach dem aktuellen Stand nur durch die Rückholung der in | |
dem Bergwerk eingelagerten Abfälle gewährleistet. "An dieser Einschätzung | |
hat sich auch nichts geändert", betonte Emrich. "Es gibt keine | |
Neupositionierung oder Neubewertung des BfS, die sagt, die Rückholung ist | |
nicht möglich". Klar sei aber auch: "Wenn sich der Zeitbedarf für die | |
Planung, Genehmigung und Realisierung der für die Rückholung notwendigen | |
Schritte wie bisher fortsetzt, dann macht der schlechte bergbauliche | |
Zustand des Bergwerks diesen Weg zunehmend unwahrscheinlich." Das BfS hat | |
für Januar einen Workshop mit allen Beteiligten angesetzt, bei dem diese | |
Fragen geklärt werden sollen. | |
Das BfS hatte sich nach einem Vergleich verschiedener Schließungsvarianten | |
für die Rückholung entschieden. Bei einer Flutung des Bergwerks oder einer | |
Umlagerung der Abfälle sei die Langzeitsicherheit nicht zu gewährleisten. | |
Die Vorbereitungen für die Rückholung verzögerten sich in den vergangenen | |
Monaten immer weiter. Zuletzt verschob das BfS das Anbohren der ersten | |
Atommüllkammer auf 2012. Durch die Bohrung soll ermittelt werden, in | |
welchem Zustand sich die Abfälle befinden. | |
Das niedersächsische Umweltministerium hatte für die erste Bohrung | |
umfassende Auflagen gemacht, die das BfS bislang nicht ganz erfüllen | |
konnte. Bürgerinitiativen und Oppositionsparteien vermuteten, dass die | |
Umweltministerien in Berlin und Hannover die Rückholung des Atommülls | |
absichtlich verzögern. Eine Ministeriumssprecherin dementierte das am | |
Freitag: "Sofern eine Rückholung technisch möglich ist, begrüßen wir das | |
politisch nach wie vor", sagte sie. Allerdings gehe aus dem Papier des | |
Bundesamtes für Strahlenschutz hervor, dass bis Ende kommenden Jahres | |
"Dinge eintreten könnten, die eine Rückholung des Mülls unmöglich | |
erscheinen lassen". | |
Umweltschützer werten das Memorandum als "weitere Attacke von | |
Flutungs-Befürwortern". Nach Ansicht des Asse-2-Koordinationskreises, einem | |
Zusammenschluss örtlicher Bürgerinitiativen, arbeitet vor allem das | |
Bundesumweltministerium gegen die Rückholung. Auch das niedersächsische | |
Umweltministerium verzögere durch seine Genehmigungs- und Auflagenpraxis | |
die Rückholung. "Die Flutungs-Befürworter befürchten doch letztlich die | |
Bilder von zurückgeholtem Atommüll", sagt Andreas Riekeberg vom | |
Koordinationskreis. | |
23 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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