# taz.de -- Verwertungsgesellschaft in Niederlanden: Kritiker des Urheberrechts… | |
> Die niederländische Verwertungsgesellschaft Buma/Stemra hat die | |
> Urheberrechte eines bei ihr gemeldeten Komponisten verletzt. Auf | |
> Datenträgern wurde das Werk angeboten. | |
Bild: Wahrlich ein Skandal, wenn selbst die Urheberechtslobby Urheberrechte ver… | |
Als freier Komponist gehört der Niederländer Melchior Rietveldt zu den | |
Künstlern, die existenziell auf die Dienste der Verwertungsgesellschaft | |
Buma/Stemra angewiesen sind, des Pendants zur deutschen Gema. Oft wird | |
übersehen, dass selbst in Popbands bisweilen mehr Menschen als nur die Band | |
auf der Bühne Anteil an der Entstehung der Werke haben. | |
Den Textern und Komponisten nutzen Konzerteinnahmen und | |
Merchandisingverkauf, die gern als alternative Einnahmequellen zu | |
traditionellen Tantiemen angeführt werden, nicht allzu viel. Deshalb nimmt | |
es auch nicht wunder, dass Rietveldt gern zusagte, als Brein, eine Stiftung | |
zur Bekämpfung der Piraterie geistigen Eigentums, ihn 2006 bat, eine | |
Kampagne zu unterstützen. Er komponierte die Musik für einen Kinospot zur | |
Warnung vor dem Diebstahl geistigen Eigentums, der laut Vertrag nur einige | |
Male gezeigt werden sollte. | |
Dass Melchior Rietveldt in den vergangenen Wochen zu einem Symbol der | |
Kritiker des niederländischen Urheberrechts geworden ist, hat weniger damit | |
zu tun, dass er seine Meinung geändert hätte, sondern ist vielmehr die | |
Folge eines bizarren Skandals, der mit diesem Kinospot begann und den die | |
niederländische Urheberrechtslobby ganz allein zu verantworten hat. | |
Rietveldt staunte nämlich nicht schlecht, als er besagten Spot mit seiner | |
Musik auf einer gekauften DVD erkannte. | |
## Eine Million Euro? | |
Wie er feststellen musste, handelte es sich dabei nicht um ein Versehen: | |
Auf unzähligen Datenträgern wurde das urheberrechtlich und vertraglich | |
geschützte Werk dargeboten. Als Mitglied der Buma/Stemra tat Rietveldt das | |
Naheliegende und bat den Rechteverwerter, die Vertragsverletzung zu klären | |
und die ausstehenden Tantiemen einzutreiben, nach seiner Rechnung über eine | |
Million Euro. | |
Das alles hätte als peinliche und kostspielige Anekdote enden können, von | |
der die Öffentlichkeit eventuell nie erfahren hätte. Es geschah aber etwas | |
ganz anderes, nämlich jahrelang nichts. Trotz mehrfacher Nachfragen des | |
Komponisten und seines Steuerberaters ignorierte die Buma/Stemra den Fall, | |
bis sich im November dieses Jahres Jochem Gerrits, Vorstandsmitglied des | |
Rechteverwerters, bei Rietveldts Steuerberater mit einem Vorschlag meldete. | |
Der Komponist sollte ein Drittel der zu erwartenden Einnahmen aus dem Fall | |
direkt an Gerrits weiterreichen und zusätzlich noch alle weiteren Rechte an | |
dem Stück dem privaten Musikverlag des Vorstands, High Fashion Music, | |
überschreiben. Dann würde er sich der Sache annehmen. Womit Jochem Gerrits | |
nicht gerechnet hatte, das waren die Mithörer des erpresserischen | |
Telefonats. Der Amsterdamer Radiosender Powned schnitt das Gespräch mit. | |
Bereits einen Tag nach der Ausstrahlung musste Gerrits von seinem Posten | |
zurücktreten. | |
## Begrenzung der Gehälter | |
Die wegen ihres erbarmungslosen und bisweilen rechtlich zweifelhaften | |
Vorgehens gegen mutmaßliche illegale Downloader und Filesharer sehr | |
unpopuläre Buma/Stemra hat so auch an ihrer Basis, bei den Mitgliedern, | |
deren Rechte sie durchsetzen soll, erheblich an Vertrauen verloren. | |
Das nächste Ungemach, nicht zuletzt für die Geldbörsen der | |
Vorstandsmitglieder, droht bereits am Horizont vonseiten des | |
niederländischen Parlaments. Das nimmt die Vorgänge um Jochem Gerrits zum | |
Anlass, das Geschäftsgebaren des Rechteverwerters genauer unter die Lupe zu | |
nehmen. Unter anderem werden die Befreiung von Buma/Stemra-Gebühren für | |
gemeinnützige Vereine und eine Begrenzung der Vorstandsgehälter ins | |
Gespräch gebracht: auf maximal 130 Prozent der Bezüge des | |
Ministerpräsidenten. | |
Ein Gesetzentwurf der niederländischen Regierung, der den Download von | |
Filmen und Musik kriminalisieren sollte, scheiterte am 23. Dezember vorerst | |
im Unterhaus. | |
26 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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