# taz.de -- Kommentar Wulffs Glaubwürdigkeit: Kredit verspielt | |
> Das Amt des Bundespräsidenten ist beschädigt. Daran sind aber nicht die | |
> Medien schuld, sondern Wulff. Nach seinen Lügen wird es ihm schwerfallen, | |
> noch Glauben zu finden. | |
Nun sollen also die Medien schuld sein am Ansehensverlust des | |
Bundespräsidenten. Auch ihre "nicht nur an Aufklärung interessierte | |
Berichterstattung" und die "Art und Dauer der Auseinandersetzung" hätten | |
"das Amt und seine Autorität" beschädigt, erklärte Bundestagspräsident | |
Norbert Lammert zum Jahreswechsel. Dieser absurde Angriff offenbart, dass | |
auch den Parteifreunden von Bundespräsident Christian Wulff die Argumente | |
ausgehen. | |
Dass das Amt beschädigt ist, stimmt ohne Frage. Aber daran sind nun | |
wirklich nicht die Medien schuld, sondern der Präsident selbst. Nicht nur | |
wegen seiner fragwürdigen Kreditgeschäfte, sondern vor allem wegen der | |
Lügen und Halbwahrheiten, die er darüber verbreitet hat. Dass die Wahrheit | |
überhaupt ans Licht kommt, ist allein der Hartnäckigkeit der Medien zu | |
verdanken - dass es so lange dauert, liegt an Wulffs Taktik, immer nur das | |
einzuräumen, was sich nicht mehr bestreiten lässt. | |
Dass er auch dann nicht die komplette Wahrheit sagt, zeigt sich an den | |
jüngsten Vorwürfen: Mitte Dezember erklärt der Präsident, er habe den | |
vergünstigten Kredit bei der BW-Bank in ein reguläres Darlehen umgewandelt. | |
Jetzt kam heraus, er hat den neuen Vertrag erst eine Woche nach der | |
Erklärung unterschrieben, und er gilt erst ab Mitte Januar. | |
In der Summe haben die Fehler und Wulffs Umgang damit seine Glaubwürdigkeit | |
schwer beschädigt. Und dieser Schaden wiegt schwer: Weil ein | |
Bundespräsident vor allem von der Wirkung seiner Worte lebt, ist | |
Glaubwürdigkeit sein wichtigstes politisches Kapital. | |
Dass Wulff wenige Monate vor seinem Privatkredit als Aufsichtsratsmitglied | |
von VW dienstlich mit der BW-Bank zu tun hatte und sie vor der Insolvenz | |
ihres Kunden Porsche bewahrte, gibt dem Skandal neue Brisanz. Wulffs | |
Dementi, es habe "keine irgendwie geartete Interessenkollision" gegeben, | |
reicht nicht aus. Denn eine andere Erklärung, warum er als | |
niedersächsischer Privatmann einen ungewöhnlich günstigen Kredit bei einem | |
baden-württembergischen Geldinstitut bekommen hat, haben die Bank und er | |
bisher nicht geliefert. | |
Egal, was Wulff zu seiner Verteidigung noch anzubieten hat - nach seinen | |
bisherigen Lügen wird es ihm schwerfallen, noch Glauben zu finden. Er hat | |
sein politisches Kapital verspielt - und dieser Verlust an Vertrauen bietet | |
keine Grundlage für ein Verbleiben im Amt. | |
1 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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