# taz.de -- Prozess um Flugzeugabsturz: Das vergessene Fahrwerk | |
> Der Pilot eines Wasserflugzeugs muss sich wegen fahrlässiger Tötung nach | |
> einer Bruchlandung auf der Elbe mit zwei Toten vor dem Amtsgericht | |
> Hamburg verantworten. | |
Bild: Nach dem Unglück: Das versunkene Flugzeug wird geborgen. | |
HAMBURG taz | Zu einer Hafen- und Großstadt gehört als Touristenattraktion | |
ein Wasserflugzeug. So auch in Hamburg. Jahrelang konnten Touristen für 129 | |
Euro Rundflüge per Wasserflieger über die Stadt buchen. Seit August 2009 | |
gibt es dieses Angebot nicht mehr, nachdem sich eine Cessna T 208H der | |
Clipper Aviation bei der Landung vor der Hafencity überschlug und zwei | |
Menschen ertranken. Der zweite tödliche Unfall auf der Elbe in nur drei | |
Jahren. Ab Freitag muss sich der Cessna-Pilot Nikolaj von W. (44) wegen | |
fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht verantworten. | |
Nikolaj von W. war am Morgen des 22. Augusts mit der Cessna und einem | |
Ehepaar aus Ganderkesee bei Bremen aus dem Baakenhafen der Hafencity zum | |
Rundflug gestartet. Die moderne Maschine war erst im April zuvor in Dienst | |
gestellt worden. | |
Da sie über ein in die Schwimmer integriertes Fahrwerk zur Landung auf | |
einer Piste verfügte, machte der Pilot einen Tankstopp auf dem Flughafen. | |
Gegen 12.52 Uhr kehrte die Maschine zur Hafencity zurück, wo Nikolaj von W. | |
in einem Hafenbecken zur Landung ansetzte. | |
Der fatale Fehler: Der Pilot hatte versäumt, zuvor das Fahrwerk wieder | |
einzufahren. Die ausgefahrene Räder wirkten bei der Wasserung wie eine | |
Bremse, der Flieger überschlug sich und versank kopfüber in dem 2,50 Meter | |
tiefen Wasser. | |
Nikolaj von W. konnte sich aus der Maschine retten, doch der 57-jährige | |
Fluggast und seine 54 Jahre alte Ehefrau, die auf der Rückbank angeschnallt | |
saßen, konnten weder durch die Ersthelfer befreit werden, noch durch die | |
Polizisten, die von der vier Meter hohen Mauer des Kirchenpauerkais ins | |
Wasser sprangen und zahlreiche Tauchversuche unternahmen. "Der Wasserdruck | |
war einfach zu hoch, um eine Tür zu öffnen", sagte später ein | |
Feuerwehrmann. Erst Feuerwehrtauchern gelang es, das Ehepaar aus der Kabine | |
zu holen. Trotz Reanimierungsversuchen starben die beiden Fluggäste auf dem | |
Weg ins Krankenhaus. | |
Nach einer Untersuchung der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen in | |
Braunschweig hatte Nikolaj von W. schwere Fehler gemacht. Er galt zwar mit | |
mehreren tausend Flugstunden als erfahrener Pilot, hatte aber bis zum | |
Unfall nur 34 Flugstunden in einem Wasserflugzeug absolviert. | |
Die Experten fanden heraus, dass die drei akustischen und optischen | |
Warnanzeigen für das Fahrgestell intakt waren. Offenbar hatte von W. eine | |
grüne Anzeige falsch gedeutet, die das ausgefahrene Fahrwerk anzeigt. | |
Schlimmstenfalls droht von W. jetzt eine Haftstrafe. | |
Bereits im Juli 2006 hatte der Absturz einer Beaver DHC-2 der Firma | |
"Himmelschreiber", die dem ehemaligen Greenpeace Piloten Jörg Steber | |
gehörte, Entsetzen ausgelöst. Der Motor der Propeller-Maschine war kurz | |
nach dem Start auf der Elbe wegen eines Vergaserbrandes ausgefallen. | |
Steber hatte noch versucht, im Segelflug eine Wasserfläche zu erreichen. Er | |
streifte jedoch mit den Schwimmern auf dem Rangierbahnhof Hamburg-Süd | |
abgestellte Waggons und stürzte ab. Das Flugzeug ging in Flammen auf. | |
Steber und vier Insassen starben. Nur ein Insasse überlebte mit schweren | |
Brandverletzungen das Unglück. | |
5 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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