Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Christian Wulffs Privatkredit: Kaum Gewinn für die Bank
> Wulffs Aussage, sein Kredit bei der BW-Bank habe "ganz normale übliche
> Konditionen" gehabt, ist zweifelhaft. Außerdem kam der Vertrag später
> zustande, als Wulff suggerierte.
Bild: Umstrittene Finanzierung: Wulffs Haus in Großburgwedel.
BERLIN taz | Mit den Aussagen in seinem Fernsehinterview hat
Bundespräsident Christian Wulff die Kritik nicht zum Verstummen gebracht.
Das gilt nicht nur für die Aussagen zum Anruf bei der Bild-Zeitung. Auch
die Angaben zu seinem umstrittenen Kredit bei der BW-Bank scheinen
zweifelhaft.
Es habe sich bei dem kurzfristigen Geldmarktkredit, mit dem er im März 2010
den Privatkredit beim Ehepaar Geerkens abgelöst habe, um "ganz normale,
übliche Konditionen" gehandelt, hatte er erklärt. Auch die BW-Bank hatte
zuvor erklärt, die Konditionen seien "nicht ungewöhnlich".
Wulffs Anwälte teilten am Donnerstag mit, der Zinssatz habe sich "am
Euribor-Zinsatz zuzüglich Aufschlag" orientiert und zuletzt bei 2,1 Prozent
gelegen. Der Euribor ist jener Zinsatz, mit dem Banken bei kurzfristigen
Geschäften untereinander arbeiten.
Dass Wulffs Zinssatz "üblich" ist, kann allerdings bezweifelt werden. Als
sein Kredit zuletzt verlängert wurde, lag der Euribor bei rund 1,6 Prozent.
Der Aufschlag der Bank betrug also nur 0,5 Prozentpunkte. Max Herbst,
Gründer des Kreditinformationsdienstes FMH-Finanzberatung, hält diese
Konditionen für "höchst ungewöhnlich". Ein Aufschlag von 0,3 Prozentpunkten
sei allein für Verwaltung und Risikovorsorge üblich.
## Mindestens ein Prozentpunkt Aufschlag
Selbst bei guten Kunden werde mindestens ein Prozentpunkt aufgeschlagen.
"Bei Wulffs Zinssatz verdient die Bank praktisch nichts." Auf ein solches
Geschäft lasse sich eine Bank höchstens ein, wenn sie erwarte, an anderer
Stelle Gewinn mit dem Kunden zu machen, etwa durch ein großes
Wertpapierdepot. Und selbst dann müssten Bankberater sich das "von ganz
oben genehmigen lassen", um sich gegen Untreuevorwürfe abzusichern.
Der Verdacht, dass Wulff die günstigen Konditionen wegen seines Amtes bekam
- als niedersächsicher Ministerpräsident koordinierte er die Neuordnung der
Landesbanken, als VW-Aufsichtsrat war er an der Rettung des
BW-Bank-Schuldners Porsche beteiligt -, ist also nicht ausgeräumt. Denn die
kompletten Konditionen des Kredits haben Wulffs Anwälte, anders als im
TV-Interview angekündigt, nicht veröffentlicht.
## Handschlag gilt juristisch nicht
Zusätzlich gibt es Diskussionen um die Frage, wann denn nun genau der
Vertrag zustande kam. Die BW-Bank weist laut der Zeitung Die Welt darauf
hin, dass der Vertrag nicht bereits Ende November 2011 zustande, wie es
Wulff am Mittwoch gesagt hatte. Im November hätten sich die Bank und Wulff
nur mündlich geeinigt.
Die von Wulff so bezeichnete "Handschlagqualität" reicht aber laut BW-Bank
nicht aus. "Ein Kreditvertrag mit Verbrauchern bedarf der Schriftform",
antwortete die Bank auf eine Anfrage der Welt. Einen schriftlichen Vertrag
schickte die Bank demnach erst am 12. Dezember an Wulff. Er unterschrieb am
21. Dezember und damit rund eine Woche nach den ersten Medienberichten über
seine Hausfinanzierung.
Allerdings ist es für Wulffs Argument nicht entscheidend, ob der mündliche
Vertrag juristisch bereits gilt. Er wollte mit seiner Dartstellung vor
allem zeigen, dass er aus eigenem Antrieb den BW-Kredit aufgenommen hat.
(mit dpa)
6 Jan 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wulffs Gratis-Urlaube: Kleine Geschenke unter Freunden
Gab es doch Gegenleistungen für Wulffs Gratis-Urlaube? Von seinem Einsatz
für die Steuerfreiheit profitierte der Talanx-Konzern seines Freundes
Baumgartl.
Die Mailboxaffäre des Bundespräsidenten: Zwei Streithähne, ein Lügner
Von Wulffs Mailbox-Nachricht an Bild-Chef Diekmann sind bisher nur
Fragmente bekannt geworden. Doch aus ihnen ist nicht zu erkennen, was Wulff
wirklich wollte.
Bundespräsident gegen "Bild"-Zeitung: Wulff bittet um Geheimhaltung
Christian Wulff hat in einem Brief den Bild-Chef Diekmann gebeten, seine
Mailbox-Nachricht nicht zu veröffentlichen. Doch diese könnte klären, ob
Wulff den Bericht zu seinem Kredit verhindern wollte.
Bundespräsidenten-Affäre: Christians Carrera-Bank
Über die Umwandlung seines günstigen Kredits hat der Präsident im Dezember
die Unwahrheit gesagt. Nun wirft auch seine Rolle bei der Rettung von
Porsche neue Fragen auf.
Bundespräsident in Bedrängnis: Geerkens redete bei Wulffs Kredit mit
Ein Rechtsanwalt von Bundespräsident Wulff gibt nun zu: Egon Geerkens war
bei den Verhandlungen über den Kredit dabei. Und sie verlangen ein Ende der
Debatte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.