# taz.de -- Kommentar Oury Jalloh: Leider nichts gelernt | |
> "Oury Jalloh, das war Mord!" Nach all dem staatlichen Versagen beim | |
> Neonaziterror ist das ein weiterer Beleg für institutionellen Rassismus | |
> in Deutschland. | |
"Oury Jalloh, das war Mord!" Für diese polizeikritische Meinung werden | |
Afrikaner in Dessau auch heute, sieben Jahre nach dem unaufgeklärten Tod | |
von Oury Jalloh, von der Polizei krankenhausreif geschlagen. Nach all dem | |
staatlichen Versagen in puncto Neonaziterror ist das ein weiterer Beleg für | |
den institutionellen Rassismus in Deutschland. | |
Die Polizei jedoch versteht das nicht und argumentiert bürokratisch formal: | |
Die Demonstranten hätten sich nicht an Auflagen gehalten. Das ist zynisch. | |
Denn was waren die Auflagen? Die Beamten wollten sich nicht mit der Meinung | |
konfrontieren lassen, dass es sich beim Tod von Oury Jalloh vielleicht | |
nicht um ein tragisches Einzelschicksal handeln könnte, sondern doch um | |
einen rassistischen Polizeimord. Doch muss nicht gerade die Dimension des | |
vermeintlich Unvorstellbaren, mit der Ermittlungsbehörden zuletzt per | |
Zufall rechtsextreme Terrorstrukturen vorfanden, der neue Maßstab für ihr | |
Handeln sein, wenn es um Rassismus geht? | |
Die Polizeigewalt, mit der in Dessau ausgerechnet wieder afrikanische | |
Demonstranten niedergestreckt wurden, markiert das Ausmaß der | |
Unbelehrbarkeit in Deutschland, wenn es um ein nach wie vor kaum | |
artikulierbares Thema geht: den Rassismus, die Respektlosigkeit, die | |
fehlende Sensibilität in den Behörden. | |
An diesem Beispiel wird so auf dramatische Weise deutlich, wie wichtig es | |
ist, dass nicht die Polizei darüber zu richten hat, wie sie kritisiert | |
werden darf. In einer Gesellschaft, in der Behörden antifaschistische | |
Arbeit beflissen behindern, aber bei rechtsextremem Terror schlafen, sind | |
gerade die kritischsten Stimmen kritisch genug. Dass diejenigen, die diese | |
Meinungsfreiheit wahrnehmen, dafür Prügel kassieren, zeigt, wie wenig | |
manche Behörden aus der Debatte über den Naziterror gelernt haben. | |
9 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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