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# taz.de -- Nicht alles läuft schief bei den Handballern: Mörderischer Zyklus
> Das Schwächeln der deutschen Handballer-Auswahl vor der EM löst Debatten
> aus. Erstmals könnte Olympia ohne das Mutterland dieses Sports über die
> Bühne gehen.
Bild: Verheddert im Netz: Nationaltorwart Silvio Heinevetter beim Spiel gegen U…
Das Wintermärchen, sagt Heiner Brand, strahlt immer noch hell. Der Triumph
bei der Weltmeisterschaft 2007 im eigenen Land, so der Ex-Bundestrainer,
habe die Aufmerksamkeit für den Handball enorm gesteigert, auch nachhaltig.
Sein Stellenwert in der Öffentlichkeit resultiere bis heute aus dem
damaligen Erfolg im Finale, das über 20 Millionen Zuschauer an den
Fernsehgeräten verfolgt hatten.
"Und das Standing der Spieler, die damals mitgewirkt haben, ist ebenfalls
unverändert hoch", sagt Brand, heute Manager des Deutschen Handballbundes
(DHB).
Sind also diejenigen nur Schwarzseher, die dem deutschen Handball einen
Niedergang prophezeien und die auch der Nationalmannschaft für die
anstehende EM in Serbien (15.-29. Januar) keine bessere Platzierung als bei
der EM 2010 in Österreich (10. Platz) zutrauen?
Der Provokateur Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin, hat sich gar ein
schnelles Ausscheiden in Serbien gewünscht, damit der Umbruch noch
radikaler ausfalle. Dann wäre der deutsche Handball beim olympischen
Turnier 2012 in London nicht vertreten.
Die Realität ist, wie so oft, nicht in schwarzen oder weißen Farben zu
malen, sondern ist komplizierter. Einige Dinge im deutschen Handball
nämlich sind sehr vielversprechend, darauf verweist Brand.
"Ein sehr gutes Indiz, dass nicht alles falsch läuft, ist unsere
Nachwuchsarbeit", sagt der Gummersbacher. "Rund 44 Prozent aller Mitglieder
des DHB sind Kinder und Jugendliche, das ist eine sehr gute Zahl angesichts
der Konkurrenz, die unter den Sportarten herrscht."
## Jedes Jahr Endrunden
Über viele Dinge im Handball aber wird von jeher heftig gestritten. So zum
Beispiel über die hohe Taktung der großen Meisterschaften. In dem
vierjährigen olympischen Zyklus müssen die besten Profis je zwei
Europameisterschaften und Weltmeisterschaften austragen, dazu das
olympische Turnier.
"Es ist völlig grotesk, dass jahrein, jahraus Endrunden gespielt werden",
kritisierte Jesper Nielsen, der Besitzer des dänischen Spitzenvereins AG
Kopenhagen, dies jüngst im Handball-Magazin. Ein Profi wie der dänische
Star Mikkel Hansen bekomme erst in zwei Jahren Urlaub.
"Ich weiß nicht, wer sich das ausgedacht hat", sagt Nielsen, "sicher keine
Leute, die selbst Handball gespielt haben."
Auch Experten wie Frank von Behren stören sich an der Turnier-Inflation.
Große Mannschaften wie Frankreich würden das anstehende Turnier nur als
Vorbereitung für Olympia nehmen, sagt er, "im olympischen Jahr interessiert
die Franzosen eine EM wenig".
## Nur regionale Marken
Andererseits: "Die höchste Aufmerksamkeit im Fernsehen bekommen die
Nationalmannschaften." Die Klubs in der deutschen Handball-Bundesliga seien
fast ausnahmslos regionale Marken.
"Wenn Frisch Auf Göppingen spielt, dann interessiert das nur im Umland von
Göppingen, sonst niemand", sagt der frühere Nationalspieler. Einzige
Ausnahme sei Rekordmeister THW Kiel.
Von Behren beobachtet die Szene intensiv und er vermisst ein gemeinsames
Agieren aller Akteure im deutschen und internationalen Handball. "Keiner
weiß so recht, wo es hingehen soll", sagt er.
Andererseits glaubt er, dass das Wachstum der Bundesliga, das sich in den
letzten 20 Jahren in steigenden Zuschauerzahlen und immer mehr
Übertragungen in TV und Internet ausgedrückt hat, endlich ist. Die
ökonomische und sportliche Schere zwischen den Topklubs aus Kiel und
Hamburg und den Kellerkindern wie Balingen oder Hüttenberg ist zuletzt
größer geworden.
## Kurz vor der Pleite
Der VfL Gummersbach ist beim Versuch, mit den Gehältern der großen Klubs
mitzuhalten, beinahe insolvent gegangen.
Ein Mittel, um den Klubhandball besser zu vermarkten, sieht die deutsche
Handball-Bundesliga (HBL) in der Synchronisierung des Terminkalenders. "Es
ist doch für niemand zu verstehen, dass am Sonntag im Fernsehen zeitgleich
Partien aus der Champions League und aus der Bundesliga zu sehen sind",
sagt HBL-Präsident Reiner Witte.
Die Liga unternimmt nun den Versuch, die Europäische Handball-Föderation zu
zwingen, die Europapokalspiele unter der Woche austragen zu lassen.
Notfalls müsse die deutsche Liga die europäischen Wettbewerbe boykottieren.
Wer der Gute ist, wer der Böse, das ist oft nicht auszumachen in diesen
Handballdebatten. Das ist anders als in dem Märchen, das die WM 2007 für
den deutschen Handball darstellte.
11 Jan 2012
## AUTOREN
Erik Eggers
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