# taz.de -- Verkehrssicherheit: Helmpflicht für Minderjährige | |
> CDU und SPD wollen Radlern den Kopfschutz vorschreiben, um Verletzungen | |
> zu minimieren. Helmkritische Organisationen bezweifeln die | |
> Verhältnismäßigkeit. | |
Bild: Per Zwang oder Vorbild? Behelmtes Kind mit Polizist bei der Verkehrserzie… | |
Hamburg soll eine Bundesratsinitiative zur Helmpflicht für minderjährige | |
RadlerInnen starten. Ein entsprechender Antrag der CDU wird in der | |
Bürgerschaftssitzung am 25. Januar diskutiert. Die SPD will den Antrag | |
unterstützen. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) dagegen hält | |
nichts von einer Helmpflicht. Ob sie angemessen sei, sei nicht ausgemacht, | |
heißt es. | |
Initiator des CDU-Antrages ist der Bürgerschaftsabgeordnete Klaus-Peter | |
Hesse. "Die Unfälle von Radlern ohne Helm sind viel schwerer als mit Helm", | |
sagt er. Kinder und Jugendliche wiederum verletzten sich ungleich schwerer | |
als Erwachsene. Die Kampagnen für das Tragen des Helms hätten nichts | |
gefruchtet. Möglicherweise werde der Helm eher akzeptiert, wenn die Radler | |
früh begännen, ihn zu tragen. | |
Auch Hesses SPD-Kollegin Martina Koeppen findet die Helmpflicht sinnvoll, | |
"weil man beim Radeln eine gewisse Geschwindigkeit hat". Sie erzählt von | |
einem Bekannten ihrer Eltern, dem ein Sturz ohne Helm die Gesundheit | |
zerstörte. "Wenn man das einmal miterlebt hat, nutzt man selbst den Helm", | |
sagt Koeppen. | |
Ausgerechnet die Interessenvertretung der Radler, der ADFC, hält dagegen: | |
"Radfahren ist nicht gefährlich", zitiert das Hamburger Abendblatt dessen | |
Sprecher Dirk Lau. "Wer eine Helmpflicht fordert, verkennt Ursache und | |
Wirkung der Unfallgefahr und zielt - wenn überhaupt - populistisch nur auf | |
die Symptome, statt die Erkenntnisse moderner Mobilitätsforscher zu | |
berücksichtigen." | |
Hesse stützt seinen Antrag auf den Bericht einer Kommission des | |
thüringischen Verkehrsministeriums. Dieser attestiert dem Fahrradhelm, er | |
sei ein "wirkungsvoller Schutz vor Kopfverletzungen". Er belegt das mit | |
Zahlen der Unfallforschung der deutschen Versicherer (UDV). Demnach | |
überstanden 73 Prozent der Radler mit Helm eine Auto-Kollision ohne | |
Kopfverletzung, aber nur 46 Prozent der Radler ohne Helm. | |
In den Großräumen Hannover und Dresden habe es über zehn Jahre keine sehr | |
schweren oder nicht behandelbaren Verletzungen von Helmträgern gegeben. Im | |
übrigen unterfütterten "zahlreiche Beispiele anekdotischer Evidenz" diesen | |
Befund. | |
Diese Zahlen sagen nichts darüber, ob Radfahrer häufiger Kopfverletzungen | |
erleiden als andere Verkehrsteilnehmer. Das Internet ist voller Hinweise, | |
die eine Helmpflicht eher für Fußgänger nahe legen und den Nutzen des Helms | |
in Zweifel ziehen. | |
Dem Geschäftsbericht der Hannelore-Kohl-Stiftung für Verletzte mit Schäden | |
des Zentralen Nervensystems von 2004 zufolge betrifft nur ein Prozent der | |
Schädel-Hirn-Verletzungen Fußgänger und Radfahrer, 14 Prozent folgen aus | |
Freizeitaktivitäten, 26 Prozent aus dem Autoverkehr. Demgegenüber werden | |
aber neun Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. | |
Zahlen einer helmkritischen Organisation aus England sagen, dass mehr | |
Fußgänger schwere Kopfverletzungen erleiden als Radfahrer. Allerdings ist | |
der Anteil der Fußgänger an den Wegen auch dreimal so hoch. | |
Noch ist unklar, bis zu welchem Alter die Helmpflicht in Hamburg gelten | |
sollte. Eine Pflicht bis zum 14. Lebensjahr hat die SPD 2007 vorgeschlagen. | |
Der damalige CDU-Senat bezweifelte, "dass die Einführung einer Helmpflicht | |
für Kinder, nicht aber für Jugendliche und Erwachsene zielführend ist". | |
In Kanada und Australien seien nach der Einführung mehr Kinder und | |
Jugendliche ohne Helm gefahren als vorher. Denn unter-14-Jährige könnten | |
nicht bestraft werden, die Eltern sie nicht überwachen. Die Bundesregierung | |
setze deshalb auf das Vorbild der Erwachsenen. | |
15 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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