# taz.de -- Kommentar Unwort des Jahres: Alles wieder gut | |
> Der Begriff "Döner-Morde" dümpelte über Jahre hinweg weitgehend unbemerkt | |
> durch den Wortschatz wie ein Exkrementbröckchen durchs | |
> Kinderschwimmbecken. | |
Bild: Noch immer nichts dazugelernt? | |
Die "Döner-Morde" also haben, nicht ganz unerwartet, das Rennen gemacht: | |
Das Unwort des Jahres 2011 ist tatsächlich "alternativlos" (Unwort des | |
Jahres 2010). | |
Viel erstaunlicher ist in diesem Zusammenhang, dass die zutiefst | |
rassistische Bezeichnung für die zutiefst rassistische Mordserie der NSU, | |
die immerhin bereits im Jahr 2000 (Unwort des Jahres: "National befreite | |
Zone") begann, über Jahre hinweg weitgehend unbemerkt durch den Wortschatz | |
dümpelte wie ein Exkrementbröckchen durchs Kinderschwimmbecken. Per se | |
schien der Ausdruck "Döner-Morde" den meisten folglich gar kein Unwort zu | |
sein. | |
Darauf weist auch die Begründung der Jury hin, dass nämlich im Falle der | |
"Döner-Morde" die "politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt | |
oder willentlich ignoriert wurde". Die politische Dimension des Begriffs an | |
sich offenbar ebenfalls – nicht zuletzt von der Jury, aber die hat es ja | |
auch schwer, muss sie doch stets zwischen hochbrisanten Unwörtern wie | |
"Ich-AG" (2002) und "Herdprämie" (2007) abwägen. | |
Auf einmal aber klagt sie an, das Jahressiegerwort habe die öffentliche | |
Wahrnehmung der Morde durch "die folkloristisch stereotype Etikettierung" | |
auf unangemessene Weise geprägt. Das Wort ist schuld, die Nazis haben | |
Deutschland 1933 überraschend ins Unglück geführt und der Pelz soll beim | |
Waschen nicht nass gemacht werden. | |
Haben wir das folglich richtig verstanden: Wären die "Döner-Morde" | |
,richtige' Dönermorde gewesen, sprich Streitigkeiten zwischen mafiösen | |
vorderasiatischen Imbissverkäufern, in deren Wertesystem (so kennt man | |
sie!) die Nichtbeachtung roter Ampeln und das Abknallen der Konkurrenz | |
gleichermaßen niedrige Bedeutung haben, dann wäre das Unwort allenfalls ein | |
Unwörtchen geblieben, aber niemals das große Superduperunwort des Jahres | |
2011 geworden? Und ist entsprechend nur ein von Nazis ermordeter Türke ein | |
guter Türke? Auf Rang zwei landete übrigens der "Gutmensch". | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
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