# taz.de -- DIÄTENERHÖHUNG: Abgeordnete gönnen sich einen | |
> Für die Pflegeversicherung müssen alle einen Tag länger arbeiten - | |
> Bremens Abgeordnete wollen ihren Betrag absenken. Der Präsident spart | |
> gleich dreifach | |
Bild: Wer hier sitzt, soll weniger Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen müs… | |
Es gibt Menschen, die müssen jeden Euro dreimal herumdrehen. Da machen 25 | |
Euro mehr jeden Monat schon was aus. Etwa der Parlamentspräsident Christian | |
Weber (SPD), der eine dreifache Diät bezieht, also 11.750 Euro. Sonderabzug | |
für die Pflegeversicherung: 32,19 Euro. Durch ein Gesetz soll die Summe | |
jetzt auf 6,99 Euro abgesenkt werden - ab sofort. | |
Der dazugehörige Tagesordnungspunkt 26 der Bürgerschaftssitzung dieser | |
Woche ist unscheinbar: "Gesetz zur Änderung des Bremischen | |
Abgeordnetengesetzes, des Bremischen Wahlgesetzes und des Gesetzes über die | |
Deputationen". Den Antrag hat der Verfassungs- und | |
Geschäftsordnungsausschusses am 9. Dezember 2011 eingebracht. Darin | |
versteckt sich die kleine Diätenerhöhung. | |
Der Hintergrund: Im Jahre 1994 ist die Pflegeversicherung eingeführt | |
worden, ArbeitnehmerInnen müssen seitdem dafür am Buß- und Bettag arbeiten | |
- ein Feiertag wurde gestrichen. Da bei den Abgeordneten die Diäten | |
unabhängig von den Arbeitstagen gezahlt werden, wurde die Diät um einen Tag | |
abgesenkt - ein Dreihundertfünfundsechzigstel. Das machte, solange die Diät | |
bei 2.550 Euro lag, genau fünf Euro und 88 Cent aus. Nun ist die Diät seit | |
dieser Legislaturperiode auf 4.700 Euro angehoben worden, dafür fielen | |
andere Zuwendungen weg. Der Abzug für die Pflegeversicherung berechnet sich | |
wie bei jeder Lohnerhöhung auf die neuen Diäten. Und macht also monatlich | |
12,88 Euro für einen normalen Abgeordneten aus, 32,19 Euro für | |
Fraktionsvorsitzende und den Parlamentspräsidenten. | |
Durch die Drucksache 18/160 allerdings soll das Bremische | |
Abgeordnetengesetz so geändert werden, dass der Abzug für die | |
Pflegeversicherung sich wieder auf die alte Diät bezieht. Das würde die | |
normalen Abgeordneten also nur noch 6,99 Euro im Monat kosten. Der | |
Parlamentspräsident und die Fraktionschefs werden sogar eine Diätenerhöhung | |
von 25,20 Euro bekommen - bei ihnen wird der Abzug nur für eine der drei | |
früheren Diäten berechnet. Warum? Ganz einfach: Das war eben früher auch | |
so. | |
Auch die Linksfraktion hat gegen die Neuregelung offenbar nichts | |
einzuwenden - sie beklagt sich statt dessen, dass der Fraktionsvorstand für | |
kleine Fraktionen von drei auf zwei reduziert werden solle. Das stehe "in | |
deutlichem Gegensatz" zur Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs, so | |
Fraktionschefin Kristina Vogt. Die Linke reichte deswegen einen | |
Dringlichkeitsantrag ein. | |
Auch in einem anderen Punkt soll die bisherige gesetzliche Regelung | |
korrigiert werden. Das neue Abgeordnetenrecht hat die "Inkompatibilität" | |
eingeschränkt. Lehrer, die früher als "inkompatibel" galten, sollen nun in | |
dem Halbtags-Parlament sitzen dürfen. Zum Konflikt bei der neuen Regelung | |
kam es, weil der ehemalige Geschäftsführer der Handwerkskammer Michael | |
Busch, der für die Wählerinitiative B+B kandidierte, als "kompatibel" | |
eingestuft wurde, der ehrenamtlicher Präsident Joachim Feldmann, der für | |
die CDU kandidierte, aber wegen seiner "Organfunktion" als "inkompatibel" | |
gelten sollte - und sein Amt hätte niederlegen müssen, wenn er gewählt | |
worden wäre. Beide wurden nicht gewählt, das Problem blieb also | |
theoretisch. Im Verfassungsausschuss beantragte der | |
CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp eine Gesetzesänderung mit dem | |
Ziel, dass ehrenamtliche Organträger öffentlich-rechtlicher Institutionen | |
im Parlament nicht als "inkompatibel" gelten sollten. Mit Mehrheit | |
entschied der Ausschuss umgekehrt: Geschäftsführer, die de facto | |
Organ-Funktionen ausüben, sollen auch als inkompatibel gelten. | |
23 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |