# taz.de -- Kommentar öffentlich-private Verträge: Ideologie kommt uns teuer … | |
> Die öffentlich-privaten Verträge offenbaren ein Demokratieproblem. Denn | |
> in Deutschland gilt das Prinzip: Je größer ein öffentlicher Auftrag, | |
> desto intransparenter ist er. | |
Was ist das Neue am Skandal um die öffentlich-privaten Kuschelverträge? Es | |
ist nicht Korruption, es ist auch nicht Unfähigkeit. Es ist die vom Staat | |
selbst geförderte Kombination von Ideologie und Cleverness auf Kosten der | |
Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um Steuergelder. Es geht auch um das | |
Demokratieverständnis. | |
Nicht alle Verträge mit Privaten sind schlecht. Wenn etwa Strom- und | |
Heizkosten einer Behörde zwischen Staat und privater Energiesparfirma | |
geteilt werden, so ist das überschaubar, und die Interessen befinden sich | |
im Einklang: Staat und Private teilen sich die Ersparnisse. Bei | |
Riesenprojekten mit hunderten von komplizierten Klauseln jedoch sind die | |
Interessen meist entgegengesetzt: Je mehr Ausgaben, desto mehr Profit für | |
die Privaten. | |
Das dürfte im Wesentlichen allen Entscheidungsträgern in der Politik | |
bekannt sein. Wieso fördern viele dann trotzdem öffentlich-private | |
Verträge, bei denen das Risiko aufseiten des Staats liegt? | |
Es ist ein Doppelproblem. Die oberste Ebene, hier also die Bundesminister, | |
saßen und sitzen der Ideologie auf, dass die Wirtschaft alles besser könne | |
als der Staat und die Interessen der Wirtschaft im Grunde identisch mit | |
denen der Gesellschaft seien. Und die Arbeitsebene, die die Vorhaben | |
einschätzt und umsetzt, verdient oft noch erheblich daran, dass sie | |
zustande kommen. | |
Was ist nun die Lehre aus all dem? Die gute alte Transparenz. Wenn ein | |
Auftrag mit öffentlichen Geldern vergeben wird, so muss er auch öffentlich | |
nachprüfbar sein. Auch durch den interessierten Bürger, nicht nur durch | |
Abgeordnete mit Verschwiegenheitspflicht. In Deutschland hebelt der billige | |
Verweis auf Geschäftsgeheimnisse jegliche Kontrolle aus. Dabei würde eine | |
Klausel "Geld gegen Daten" in den sonst ja an Klauseln nicht gerade armen | |
Verträgen genügen, um dem abzuhelfen. | |
Niemand wird gezwungen, öffentliche Aufträge anzunehmen. Derzeit hingegen | |
gilt das Prinzip: Je größer der Auftrag, desto intransparenter. Das schadet | |
auch der Demokratie, nicht nur den Staatskassen. Weil genau dort nicht | |
kontrolliert wird, wo es am nötigsten und interessantesten wäre. | |
27 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Metzger | |
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