# taz.de -- Kommentar Organspenden: Das feige Parlament | |
> Es gibt unbestritten einen Organmangel in Deutschland. Das Parlament | |
> scheut diesen Konflikt und hat die Verantwortung feige an nichtstaatliche | |
> Akteure abgegeben. | |
Was für ein Vorwurf: Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) | |
engagiert auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen Psychologen zur | |
gezielten Manipulation von Angehörigen. Und dies seit Jahren. Niemand | |
vermag rückblickend zu sagen, wie viele Organspenden tatsächlich | |
freiwillig, wie viele aufgrund unzulässiger Beeinflussung zustande gekommen | |
sind. Ein handfester Skandal? Na ja. | |
Solange Ärzte - meist ungestraft, weil schwer nachweisbar - ihren Patienten | |
etwa gezielt Medikamente einer bestimmten Pharmafirma aufschwatzen und | |
dafür von dieser Firma mit kostenlosen Flügen, Fachtagungen oder Autos | |
belohnt werden können, mutet es fast niedlich an: Dass eine Organisation | |
wie die DSO, deren Budget und Überleben qua Gesetz mit der Zahl der | |
realisierten Organspenden korrespondiert, vergleichsweise verzweifelt | |
versucht, die Organspenderate auch mit illegitimen Mitteln in die Höhe zu | |
treiben. Erfolglos übrigens, wie die Statistik belegt. | |
Leider ist das Problem komplexer: Es gibt unbestritten einen Organmangel in | |
Deutschland. Folglich braucht es Kriterien, nach denen Organakquise und | |
Organverteilung stattfinden sollen. Regelungen also, nach denen bestimmt | |
wird, wer lebt und wer stirbt. Das Parlament scheut diesen Konflikt seit | |
Jahren und hat die Verantwortung ebenso feige wie uninspiriert an | |
nichtstaatliche Akteure wie die DSO, Eurotransplant oder die | |
Bundesärztekammer delegiert. | |
Der Preis hierfür sind parlamentarisch kaum mehr kontrollierbare | |
Cliquensysteme, die 80 Millionen Menschen ihre eigenen fragwürdigen Regeln | |
diktieren und die sich umso besser selbst reproduzieren können, je mehr ihr | |
vermeintliches Expertentum unhinterfragt und quasi wie ein Gesetz gehandelt | |
wird. Das ist die tatsächlich skandalöse Manipulation. | |
29 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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