# taz.de -- Gewalt an Chinas Westflanke: Peking rüstet Unruheprovinz auf | |
> Die Polizeipräsenz in der muslimischen Region Xinjiang wird verstärkt. | |
> Damit will die Regierung Zusammenstöße zwischen Uiguren und Han-Chinesen | |
> unterbinden. | |
Bild: Fotografieren unerwünscht: chinesische Polizei auf Streife in Urumqi. | |
PEKING taz | Chinas Regierung will die muslimische Grenzregion Xinjiang | |
noch stärker als bisher überwachen. Dazu sollen 8.000 neue Polizisten | |
rekrutiert werden, berichteten gestern chinesische Medien. Die Parole | |
lautet: "Ein Polizist in jedem Dorf". | |
Die Ordnungshüter sollen "gemeinsam mit Hilfspolizisten und der Miliz" | |
patrouillieren, die "zugereiste Bevölkerung kontrollieren und illegale | |
religiöse Aktivitäten unterbinden", erklärte ein Sprecher der KP Xinjiangs. | |
Der Plan spiegelt die Sorge der Regierung wieder, das riesige Gebiet im | |
Westen Chinas, in dem rund acht Millionen Uiguren leben, könnte zur Basis | |
von Terroristen werden. Zudem möchten die Sicherheitsbehörden Unruhen im | |
Keim ersticken. | |
In den vergangenen Jahren war es in Xinjiang mehrfach zu schweren | |
Zusammenstößen gekommen. Im Juli 2009 starben in der Regionalhauptstadt | |
Urumqi fast 200 Menschen. Die meisten von ihnen waren Han-Chinesen, die von | |
einem uigurischen Mob angegriffen worden waren. Zudem war Xinjiang mehrfach | |
Schauplatz von Attentaten, zuletzt kamen im Juli 2011 mindestens 18 | |
Menschen ums Leben. Die Pekinger Regierung macht dafür die | |
Unabhängigkeitsorganisation Islamische Bewegung Ostturkestan (ETIM) | |
verantwortlich, die mit pakistanischen Dschihadkämpfern kooperiere. | |
Wer von den Behörden als "Extremist" oder "Separatist" identifiziert wird, | |
kann mit keiner Gnade rechnen. Erst vor wenigen Tagen verurteilte ein | |
Gericht zwei Uiguren in Geheimprozessen zu lebenslanger Haft, einen | |
weiteren Angeklagten zu 17 Jahren Gefängnis. Die drei gehörten zu einer | |
Gruppe von 20 Uiguren, die nach den Unruhen vom Sommer 2009 nach Kambodscha | |
geflüchtet und im vergangenen Jahr nach China ausgeliefert worden waren. | |
Was ihnen vorgeworfen wurde, ist nicht bekannt. | |
## Gefährliches Gemisch | |
Hinter den Spannungen in Xinjiang steckt ein gefährliches Gemisch aus | |
sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Konflikten. Millionen | |
Han-Chinesen sind in den vergangenen Jahren aus anderen Teilen des Landes | |
in diese Region gezogen und haben die Uiguren, ein Turkvolk, zur Minderheit | |
in der eigenen Heimat gemacht. Die Zuwanderer dominieren die Öl- und | |
Gasunternehmen und andere moderne Wirtschaftsbranchen, da sie in der Regel | |
besser ausgebildet sind und - anders als viele Uiguren - fließend | |
Chinesisch sprechen. | |
Viele Uiguren betrachten die Han-Chinesen als Fremde, die ihnen Kultur, | |
Sprache und religiöse Freiheiten streitig machen. So verbietet die | |
Regierung offiziell allen Staatsangestellten, Bärte zu tragen. Frauen, die | |
in Behörden und Schulen arbeiten, dürfen sich nicht verschleiern. | |
Jugendlichen unter 18 Jahren ist es nicht erlaubt, Moscheen zu betreten. | |
Uigurische Geschäftsleute brauchen eine Sondergenehmigung für | |
Auslandsreisen. Als Reaktion haben konservative muslimische Strömungen | |
Zulauf. Die Zahl der verschleierten Frauen auf den Straßen der Hauptstadt | |
Urumqi hat zum Beispiel in letzter Zeit stark zugenommen. | |
Ein weiterer Grund für die polizeiliche Aufrüstung dürfte der geplante | |
Wechsel an der Spitze der Kommunistischen Partei im Herbst sein. Eine neue | |
Politikergeneration kommt in China an die Macht. Die Zentrale will vorher | |
den "wilden" Westen so weit wie möglich befrieden. | |
1 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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