# taz.de -- Wahlen in Kuwait: Aktivisten setzen auf den Wandel | |
> Nach Demonstrationen und einer Regierungskrise finden in Kuwait zum | |
> vierten Mal in sechs Jahren Parlamentswahlen statt. Auslöser war ein | |
> Korruptionsskandal. | |
Bild: Die Demonstranten in Kuwait wollen ein Ende der Korruption und Reformen. | |
BAGDAD taz | Kurz vor den Parlamentswahlen sind die jugendlichen Aktivisten | |
von Kuwait in bester Stimmung. "Die Wahl ist von enormer Bedeutung", sagt | |
Bander Saleh im Gespräch mit der taz. "Sie wird das Fenster zur Freiheit | |
weit öffnen." | |
Der Student ist ein Aktivist der ersten Stunde. Mit Gleichgesinnten hatte | |
er im vergangenen Jahr die Gruppierung "Die fünfte Mauer" gegründet. Im | |
März organisierten sie den ersten Protest gegen das Herrscherhaus, einige | |
hundert folgten dem Aufruf. | |
Seitdem sind zahlreiche weitere Gruppen entstanden, doch ihre Forderungen | |
sind weitgehend die gleichen: ein Ende der grassierenden Korruption und | |
politische Reformen. Nachdem ein Korruptionsskandal publik wurde, gewann | |
die Bewegung im Herbst immer größeren Zulauf. Die Presse hatte berichtet, | |
dass regierungstreue Abgeordnete Hunderte Millionen Dollar an | |
Schmiergeldern erhalten haben sollen. | |
Im November vergangenen Jahres besetzten oppositionelle Abgeordnete und | |
Aktivisten kurzzeitig das Parlament. Wenige Tage später forderten Tausende | |
den Rücktritt der Regierung und die Auflösung des Parlaments. Derart unter | |
Druck geraten, setzte Emir Sabah al-Ahmad al-Jaber al-Sabah im Dezember die | |
Regierung ab und Neuwahlen an. | |
Am Donnerstag wählt der kleine, aber reiche Golfstaat ein neues Parlament. | |
Fast 300 Kandidaten bewerben sich um die 50 Sitze in der | |
Nationalversammlung, unter ihnen 23 Frauen, die erst seit sieben Jahren das | |
aktive und passive Wahlrecht genießen. Die Korruptionsbekämpfung war eines | |
der zentralen Wahlkampfthemen, das war allerdings schon früher so. In | |
diesem Wahlgang fordern jedoch zahlreiche Kandidaten eine grundlegende | |
Reform des politischen Systems. | |
## Parteien sind verboten | |
Das reiche Scheichtum rühmt sich, dass sein politisches System verglichen | |
mit den autokratisch regierten Golfstaaten vergleichsweise frei ist. Das | |
Parlament kann Gesetze auf den Weg bringen und die Regierung in die Mangel | |
nehmen. Der Emir ernennt jedoch den Regierungschef, der traditionell | |
ebenfalls dem Herrscherhaus angehört, von den 50 Abgeordnetenmandaten | |
fallen automatisch 15 an die Regierung, so dass die Herrscherfamilie | |
faktisch die Geschicke des Landes kontrolliert. | |
Politische Parteien sind verboten, so dass viele Kandidaten als Unabhängige | |
antreten. Sowohl Islamisten wie Liberale und vor allen die von der | |
Jugendbewegung unterstützten Kandidaten fordern weitgehende Reformen. Sie | |
reichen von der Einführung einer konstitutionellen Monarchie, der Zulassung | |
von Parteien bis zu einer Demokratie nach westlichem Vorbild. Daraus | |
schöpfen Aktivisten wie Saleh ihre Zuversicht. "Der Wandel hat in Kuwait | |
eingesetzt", sagt Saleh am Telefon. "Es geht zwar langsam, aber aufhalten | |
lässt er sich nicht mehr." | |
Wie viele Aktivisten war Saleh in den vergangenen Tagen jeden Tag | |
unterwegs, um Werbung für seinen Wunschkandidaten zu machen. Dabei | |
offenbart sich freilich die Krux. Sein Kandidat, Khalid ash-Sheneimi, ist | |
sein Onkel mütterlicherseits. Familien- und Stammesbande sind ein zentrales | |
Element der kuwaitischen Politik. Einmal gewählt, geht es den Abgeordneten | |
oft vor allem um ihre Partikularinteressen, der Stimmenkauf ist dabei an | |
der Tagesordnung. | |
Weil ihr einziger Einfluss auf die Regierung deren Absetzung ist, haben die | |
Abgeordneten davon in den letzten Jahren ausführlich Gebrauch gemacht. | |
Damit haben sie indes maßgeblich zum politischen Stillstand im Land | |
beigetragen. Daran wird voraussichtlich auch die jetzige Wahl kaum etwas | |
ändern. Politische Reformen seien unausweichlich, schreibt der Blogger | |
Dahme Kahtani. Derzeit sei das Herrscherhaus dazu aber nicht bereit. | |
1 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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